- Grosser Europa-Tag am WEF: Die deutsche Bundeskanzlerin Angela Merkel und Frankreichs Präsident Emmanuel Macron haben ihre mit Spannung erwarteten Reden gehalten.
- Merkel warb in Davos für gemeinsame Lösungen in Weltkrisen und mahnte eine gemeinsame EU-Aussenpolitik an.
- Auch Macron warnte vor einer Zersplitterung der Welt und forderte eine «Neugründung» Europas.
Zwei Jahre hatte sie den grossen Auftritt in Davos gemieden. Nun hat die deutsche Bundeskanzlerin Angela Merkel eine umfassende Rede gehalten. «Deutschland will ein Land sein, das auch in Zukunft seinen Beitrag leistet, um gemeinsam in der Welt die Probleme der Zukunft zu lösen», sagte Merkel beim Weltwirtschaftsforum. Auch darum sei es so wichtig, dass Deutschland nun schnell eine neue Regierung bekomme.
Merkel zeigte sich aber auch selbstironisch über die harzigen Sondierungsgespräche im eigenen Land: «Deutschland will sich auch in Zukunft für die weltweite Zusammenarbeit einsetzen. Wenn Sie mir die Daumen drücken, dass wir eine Regierung bekommen, wird das noch besser gehen.»
Plädoyer gegen Abschottung
Ohne US-Präsident Donald Trump zu erwähnen, der am Freitag in Davos spricht, sagte Merkel: «Wir glauben, dass Abschottung uns nicht weiterführt. Wir glauben, dass wir kooperieren müssen, dass Protektionismus nicht die richtige Antwort ist.» Wenn man der Meinung sei, dass die Dinge nicht fair zugingen, müssten multilaterale und nicht unilaterale Lösungen gesucht werden. Angesichts der Katastrophen des 20 Jahrhunderts mit den beiden Weltkriegen fragte Merkel: «Haben wir nun wirklich gelernt aus der Geschichte, oder haben wir es nicht?».
Eine konkrete Antwort auf die Vorschläge des französischen Präsidenten Emmanuel Macron für eine Reform der EU gab sie auch diesmal nicht. Macron habe zusätzlichen Schwung in die EU gebracht. «Das wird uns stärken», sagte sie. So werde gemeinsam an einer Reform der Unternehmenssteuer in Europa gearbeitet.
Merkel mahnte jedoch auch eine engere Zusammenarbeit der EU-Staaten in der Aussenpolitik an. «Wir müssen unser Schicksal mehr in die eigene Hand nehmen», sagte sie. «Die einheitliche europäische Aussenpolitik ist noch nicht ausreichend entwickelt.» Das sei aber vor allem deswegen notwendig, weil ein Grossteil der globalen Konflikte «vor unserer Haustür stattfindet». Als Beispiel nannte die Kanzlerin den Syrien-Konflikt. Bei den Versuchen einer Lösung der Krise dort hat die EU so gut wie keine Rolle gespielt
Macron fordert «Neugründung» Europas
Macron stellte auch am WEF Europa ins Zentrum. Frankreich werde nie Erfolg haben können ohne den Erfolg Europas. «Deshalb brauchen wir eine wirkliche Neugründung Europas.»
2018 werde das Jahr, in dem eine neue europäische Strategie auf den Weg gebracht werden müsse. Denn Europa werde als Gegenpart zu den USA und China benötigt, so Emmanuel Macron. «Unsere Vorstellungen von Freiheit, Fairness und Gerechtigkeit, der Freiheit des Einzelnen – die Ausgewogenheit dieser Werte gibt es nur in Europa. Und wenn wir eine Zersplitterung der Welt vermeiden wollen, dann brauchen wir ein stärkeres Europa.»
Frankreichs Präsident plädierte schliesslich dafür, die Globalisierung positiv zu gestalten: «So schaffen wir auch eine Stabilität, die gut für die Bevölkerung ist.» Die entsprechenden Lösungen und Technologien dafür wären vorhanden. Es liege jetzt an den Regierungen und Unternehmen. Sie müssten sich die Frage stellen: «Wollen wir das und wann beginnen wir damit?» Die Antwort ist Macron klar: «Jetzt!»