Die Schweizerische Nationalbank (SNB) will sich beim Ausstieg aus der lockeren Geldpolitik nicht nur von der EZB leiten lassen. Vielmehr habe die SNB dafür ihre eigene Inflationsprognose im Blick, sagt SNB-Präsident Thomas Jordan.
SRF News: Was erwartet die Schweiz konjunkturell aus Sicht der Nationalbank im nächsten Jahr?
Thomas Jordan: Es wird eine leichte Abkühlung geben. In diesem Jahr haben wir ein sehr starkes Wachstum von rund 2,5 Prozent gehabt. Für nächstes Jahr gehen wir von 1,5 Prozent Wachstum aus.
Wieso kühlt sich die Konjunktur ab?
Das Wachstum war 2018 aufgrund von Sonderfaktoren sehr hoch. Das geht jetzt etwas zurück. Die Produktionsfaktoren sind ziemlich gut ausgelastet und wir werden nächstes Jahr in der Grössenordnung der Möglichkeiten der schweizerischen Wirtschaft wachsen.
Gibt es Risiken, dass alles zusammenstürzen könnte, oder dass es sich verschlechtern könnte?
Ja, diese Risiken gibt es. Wenn man sich die Weltwirtschaft anschaut, dann sieht man, dass dort die Dynamik etwas zurückgegangen und die Risiken gestiegen sind. Mit dem Brexit und Italien haben wir Risiken in Europa. Wir haben aber auch Risiken in Bezug auf den internationalen Handel. Stichwort Konflikt zwischen den USA und China. Das alles kann sich negativ auf die Weltwirtschaft auswirken und weil wir eine kleine offene Volkswirtschaft sind, kann das sofort Auswirkungen auf die schweizerische Konjunktur haben.
Heisst das denn auch, dass Sie die Geldpolitik ändern müssen?
Nein, die Geldpolitik bleibt unverändert – sie ist momentan immer noch adäquat. Wir haben die Negativzinsen und die Bereitschaft bei Bedarf am Devisenmarkt zu intervenieren. Das bleibt so. Auch wenn man die Inflationsperspektiven anschaut, gibt es keinen Grund, unsere Geldpolitik zu ändern.
Wenn sich die Konjunktur abkühlt, kann man normalerweise die Zinsen senken, um die Wirtschaft anzukurbeln. Hätten Sie überhaupt noch Spielraum dafür?
Wir haben Spielraum, auch bei den Zinsen und bei den Interventionen. Wir werden diesen Spielraum dann nutzen, wenn eine Kosten-Nutzen-Analyse dafür spricht. Im Moment gibt es keinen Grund die Geldpolitik zu ändern: Weder, sie restriktiver, noch, sie lockerer zu machen.
Wann werden die Zinsen endlich steigen bzw. die Negativzinsen abgeschafft, wie Ihnen sogar Economiesuisse angeraten hat?
Wir haben ein Mandat: Wir müssen die Preisstabilität wahren. Wir werden unsere Geldpolitik anpassen, wenn es vor dem Hintergrund der Erfüllung dieses Mandats notwendig ist. Das hängt davon ab, wie die internationale Entwicklung ist, wie die Entwicklung in der Schweiz ist und je nachdem wie sich der Inflationsdruck verändert.
Wir passen die Geldpolitik an, wenn das für die schweizerischen Bedürfnisse notwendig ist.
Unsere Leser denken vielleicht, dass Sie einfach abwarten, was die EZB macht. Stimmt das?
Die internationale Entwicklung hat einen Einfluss, aber wir fokussieren uns auf die Erfüllung des Mandates in der Schweiz. Wir passen die Geldpolitik an, wenn das für die schweizerischen Bedürfnisse notwendig ist.
Ich mache keine Prognosen.
Sie sagen also kein Datum, wann das sein wird.
Nein, ich mache keine Prognosen. Wir analysieren die Situation laufend und wir werden die Geldpolitik anpassen, wenn es notwendig ist, um die Preisstabilität aufrechtzuerhalten.
Wie zufrieden sind Sie mit dem Frankenkurs?
Der Franken ist immer noch hoch bewertet. Man sieht das im historischen Vergleich, wenn man zum Beispiel den gesamten Wechselkurs anschaut, nicht nur gegenüber einer einzelnen Währung, sondern gegenüber allen Währungen. Das ist auch ein Grund, warum wir die Zinsen tief halten, um die Attraktivität von Anlagen in Franken möglichst tief zu halten, so dass keine Zuflüsse in die Schweiz erfolgen.
Das Gespräch führte Martin Stucki.