- Das Schweizer Unternehmen Sonova-Phonak ist der weltgrösste Hersteller von Hörgeräten.
- Zur Absatzsteigerung übernehmen Hersteller immer mehr Akustiker-Ketten, um darin ihre Produkte prominenter zu platzieren.
- Jetzt erwächst Sonova grosse Konkurrenz aus Dänemark: Unter dem Namen Audika eröffnet William Demant in Kürze 80 Fachgeschäfte in der Schweiz.
Die Ausgangslage könnte nicht besser sein: Nur 20 Prozent der Menschen mit Hörbehinderungen in den Industrieländern tragen ein Hörgerät. Die grossen Hersteller wie Sonova-Phonak und William Demant stehen vor einem riesigen Markt. Doch die potentiellen Käufer machen nicht mit. Für sie sind Hörgeräte medizinische Hilfsmittel und damit nicht gerade «sexy». Für die Hersteller entwickelt sich der Absatz nicht wie erwartet.
Doch das ist nicht das einzige Problem: Die unabhängigen Akustiker-Fachgeschäfte, die von der Industrie mit Geräten beliefert werden, verkaufen weltweit im Branchenschnitt gerade einmal ein einziges Hörgerät am Tag. Für die Hörgeräte-Industrie ist das viel zu wenig.
Kampf um Fachgeschäfte
Weil der Absatz harzt, gehen die Hersteller in die Offensive. Sie übernehmen europaweit Akustiker-Ketten, um ihre Geräte besser zu verkaufen. Damit steigern sie nicht nur ihre Margen, sondern profitieren gleichzeitig vom Service-Geschäft. Jüngstes Beispiel ist die Offensive des dänischen Herstellers William Demant.
Unter dem Namen Audika eröffnen die Dänen hierzulande 80 Hörgerät-Fachgeschäfte und werden damit auf einen Schlag die Nummer zwei im Einzelhandel. Dino Di Fronzo, Geschäftsführer von Audika Schweiz, sagt: «Ich glaube, wir sind in fünf Jahren ein bedeutender Player im Schweizer Markt. Denkt man an Hörgeräte oder an Hörschwäche, so soll man primär an Audika denken.» Das Unternehmen will im Laufe dieser Woche die Öffentlichkeit informieren.
Das Rennen um die Fachgeschäfte erreicht damit einen neuen Höhepunkt. Der Schweizer Weltmarktführer Sonova übernahm letztes Jahr in Deutschland den Grosshändler Hansaton, mit einem weltweiten Vertriebsnetz. Die dänische William Demant reagierte und erwarb die französische Audika mit 460 Ladengeschäften für 168 Millionen Euro.
Jetzt war Sonova wieder an der Reihe und kaufte für 830 Millionen Euro die niederländische AudioNova. Auf einen Schlag sicherten sich die Schweizer damit 1300 Fachgeschäfte in 8 europäischen Ländern. Die bislang unabhängige Kette AudioNova verkaufte in ihren Geschäften hauptsächlich Hörgeräte der Dänen. Jetzt haben die Dänen das Nachsehen, denn die neue Besitzerin Sonova will vor allem eigene Hörgeräte in den 1300 Fachgeschäften absetzen.
Amplifon unter Druck
Mit der Lancierung ihrer Ladenkette Audika in der Schweiz setzen die Dänen nicht nur den Heimmarkt von Sonova-Phonak unter Druck. Betroffen ist die weltweit grösste unabhängige Akustiker-Kette Amplifon. In der Schweiz ist Amplifon mit über 80 Fachgeschäften die Nummer eins.
Christian Rutishauser, Geschäftsführer von Amplifon Schweiz, hat bereits auf die Expansion der Dänen reagiert: «Wir werden ihre Produkte nicht mehr verkaufen, sie in Zukunft nicht mehr in unserem Sortiment haben. Es kann ja nicht sein, dass wir unserem grössten Mitbewerber Produkte abkaufen.»
Hierzulande hat Amplifon auch Geräte von Sonova-Phonak im Sortiment. Dies, weil Sonova-Phonak bislang in der Schweiz keine eigene Akustiker-Kette besitzt. Doch international gesehen ist Sonova-Phonak inzwischen der grösste Konkurrent der unabhängigen Amplifon: «Unser Konzern überlegt sich auf internationaler Ebene , in welchen Ländern man in welcher Konkurrenz zu Sonova steht und wie man darauf reagieren muss» sagt Christian Rutishauser. Amplifon könnte in Zukunft die Hörgeräte anderer Hersteller bevorzugen.
Das Rennen ist im Gang, der Fachhandel wird aufgemischt: Vor wenigen Tagen verkündete Lukas Braunschweiler, CEO von Sonova, die weitere Expansion in die USA. Sein Credo lautet: «Wir wollen näher zum Endkunden und das Margen-Potential auf unsere Seite bringen.» Man darf gespannt sein, wie der dänische Hersteller William Demant und Amplifon, als Marktleader im Fachhandel, darauf reagieren werden.