Der heute 53-jährige, ehemalige UBS-Banker Raoul Weil war in den letzten Jahren weitgehend aus den Schlagzeilen verschwunden. Er lebte unbehelligt in der Schweiz. Seit gut zwei Jahren war er Geschäftsführer einer privaten Beratungsfirma, die unter anderem im Vermögensverwaltungsgeschäft tätig ist. Weil selber hat die Vorwürfe der US-Justiz stets zurückgewiesen.
Eine Reise nach Italien wurde Weil nun zum Verhängnis. Die USA werfen dem früheren Chef des weltweiten Vermögensverwaltungsgeschäfts der UBS vor, rund 20'000 US-Kunden geholfen zu haben, Milliarden vor dem Fiskus zu verstecken.
Mitten in der Finanzkrise im November 2008 hatte die damalige Nummer 3 der UBS ihr Amt niedergelegt. Ein US-Richter erliess gar einen Haftbefehl gegen Weil. Seit damals galt er aus US-Sicht als flüchtig, da er bisher nicht vor Gericht erschienen war. Er war international zur Verhaftung ausgeschrieben.
Der Fall war damals ein grosser Schlag gegen die UBS und das Schweizer Bankgeheimnis. Unter dem Druck der USA musste die Bank im Februar 2009 Kundendaten an die amerikanischen Steuerbehörden liefern. Gleichzeitig bezahlte die UBS eine Busse von 780 Millionen Dollar und versprach, sich aus dem grenzüberschreitenden US-Geschäft zurückzuziehen.
UBS verweist auf Einigung im Steuerstreit
Die Grossbank will zum aktuellen Fall keine Stellung nehmen. Das Arbeitsverhältnis mit Raoul Weil sei schon lange beendet. Zudem betrachtet die UBS die Angelegenheit nach der definitiven Einigung 2010 zwischen den USA und der Schweiz über die UBS-Datenlieferung als erledigt.
Probleme für Mitarbeiter nicht gelöst
Peter V. Kunz, Professor für Wirtschaftsrecht an der Universität Bern erklärte in der «Tagesschau»: «Die UBS hat einen Vergleich schliessen können. Sie hat damit für sich selber als Bank die zentralen Probleme gelöst.» Diese Probleme sind aber für ehemalige oder aktuelle UBS-Banker nicht gelöst. Sie können weiter ins Visier der amerikanischen Behörden geraten.
Kunz geht allerdings nicht davon aus, dass noch weitere Banker festgenommen werden. Bei Weil gehe es um eine zentrale Person. Kunz findet: «Die USA wollten mit der Festnahme möglicherweise auch ein Exempel statuieren. Es gibt aber keine Indizien, dass jetzt weitere Haftbefehle am laufen sind.»
Auslieferung?
Was mit Weil jetzt genau passiert, ist noch offen. Verschiedene US-Medien berichten, dass die USA die Auslieferung Weils beantragen werden. Ein Auslieferungsverfahren sei eröffnet worden, teilte die italienische Nachrichtenagentur Ansa unter Berufung auf die italienische Polizei mit.