Kehrichtlastwagen bringen Bioabfälle in das grösste Bioabfall-Vergärwerk der Schweiz, ins Zürcher Werdhölzli. Sie fahren durch eine Art Geruchsschleuse in eine Halle, damit es in der Umgebung nicht säuerlich-streng nach Bioabfall stinkt.
Gras, Fleischreste, Äste und Kartoffelschalen werden in grosse Mulden gekippt und dann weiter verarbeitet. «Das Material wird zerkleinert, gesiebt und schliesslich in den Bioreaktor weitertransportiert. Dort wird es zu Biogas verarbeitet», erklärt Geschäftsführer Helmut Vetter.
Vergangenes Jahr produzierte die Anlage Biogas, mit dem man etwa 2500 Haushalte heizen kann, Tendenz stark steigend. In der ganzen Schweiz gibt es 25 solche Anlagen. Dennoch rechnen Experten damit, dass erst knapp die Hälfte der verwertbaren Abfälle in der Schweiz zu Biogas wird.
Zwar hat sich die Biogasproduktion in den letzten Jahren vervielfacht. Aber immer noch sind laut den neusten Zahlen aus dem Bundesamt für Energie nur 0,4 Prozent des Gases in den Schweizer Leitungen Biogas.
Nicht als erneuerbare Energie anerkannt
Der Staat, genauer die Kantone, sind laut dem Verband der Schweizerischen Gasindustrie mitschuldig, dass es nicht mehr sind. Biogas zum Heizen von Gebäuden wird nämlich nicht als erneuerbare Energie anerkannt.
Für Michael Schmid, beim Gasverband für Politisches zuständig, ergibt das keinen Sinn. Denn mit dem Biogas-Anteil könne man den erneuerbaren Anteil steigern und so die CO2-Emission reduzieren.
Dass für die Kantone Gas gleich Gas ist, zeigt sich bei den Bauvorschriften: Nach heutigen Vorschriften müssen beim Bau eines Hauses zwanzig Prozent der Energie für Heizung und Warmwasser aus erneuerbarer Energie stammen. Allerdings wird Biogas wird hier nicht angerechnet. Wäre das anders, würden sich wohl mehr Hausbesitzer für das teurere, ökologischere Biogas entscheiden.
Regierung im Kanton Zürich will vorangehen
Im Kanton Zürich wird die Regierung in Kürze die Anerkennung von Biogas als erneuerbarer Energieträger für Heizungen vorschlagen – auf Druck einer Parlamentsmehrheit aus SVP, FDP und Grünen. Kritik kommt aber auch von ökologischer Seite. Die grünliberale Kantonsrätin Barbara Schaffner, die sich unter anderem für Sonnenergie stark macht, bekämpft die Idee. Biogas sei schon eine gute Sache, aber vor allem als Benzinersatz.
Denn beim Bau eines Gebäudes gehe es um die Frage, wie gut isoliert das Haus sei und nicht um die Frage, mit welcher Energie das Gebäude betrieben werde. Ansonsten könne ein Bauherr schlecht isolieren und sich die Umweltfreundlichkeit dann einfach mit einem Biogas-Abonnement erkaufen.
Schmid vom Gasverband widerspricht. Man dürfe die verschiedenen Energieformen nicht gegeneinander ausspielen: «Wir sehen es als Teil eines ganzen Systems und nicht im Gegensatz zu anderen erneuerbaren Lösungen.»
Aufwändige Kontrollmechanismen erforderlich
Die Anerkennung von Biogas als erneuerbare Wärmequelle hätte aber auch einiges an Kontrollaufwand zur Folge. Was, wenn ein Bauherr das Öko-Gasabonnement nach einiger Zeit kündigt? Wer überwacht periodisch, ob der Hausbesitzer seine ökologischen Versprechungen einhält?
Die Zürcher Regierung hat hier zwar Lösungen gefunden, sie bedingen aber Einiges an Bürokratie. Ob die bürgerliche Mehrheit im Parlament damit leben kann, ist offen.
Unabhängig davon ist das Potenzial von einheimischem Biogas in der Schweiz begrenzt. Gemessen am gesamten Gasverbrauch werde der Anteil Biogas immer im einstelligen Prozentbereich bleiben, schätzt das Bundesamt für Energie.
Dennoch ist die Biogasproduktion in Zürich eine Erfolgsgeschichte. Schon nächstes Jahr wird die grösste Biogas-Anlage der Schweiz im Werdhölzli deshalb an ihre Kapazitätsgrenze stossen.