Blut lässt niemanden kalt. Würden wir vom «Geschäft mit Früchten» oder vom «Geschäft mit Literatur» sprechen, wäre die Aufmerksamkeit der Zuschauer geteilt. Blut aber fliesst durch unsere Adern, und wenn mit dem Saft geschäftet wird, betrifft das jeden.
Es gibt keine Möglichkeit, Blut künstlich herzustellen. Es muss direkt vom Menschen genommen werden und macht ihn somit zum Rohstoff-Lieferanten. Solange dieser Rohstoff auf freiwilliger Basis gespendet wird und der Allgemeinheit dient, ist für die meisten alles okay. Wenn aber Blut oder Blutbestandteile wie das Plasma gegen Bezahlung gespendet werden und Unternehmen damit Geschäfte machen, kommen leicht Ängste auf.
Umso wichtiger ist es, dass die Unternehmen, die sich in diesem emotionsgeladenen Umfeld bewegen, Wert auf Transparenz und Offenheit legen.
Wir wollten mehr über die US-Spender wissen, und Bern wollte helfen.
In der Schweiz befindet sich mit CSL Behring der weltweit grösste Verarbeiter von Blutplasma. Als wir in Bern mit dem Unternehmen über unser Projekt sprachen, trafen wir auf einen ausgesprochenen offenen und stolzen Chef Schweiz. Zu Recht: Die Berner Crew hat massgeblich zur Entwicklung von «Privigen» beigetragen, einem lebensrettenden Medikament, das gleichzeitig der erste und einzige Blockbuster ist und dem Unternehmen grosse Gewinne beschert hat.
Das Plasma für «Privigen» und andere Medikamente kommt aber nur zu einem Prozent aus der Schweiz. Der bei weitem grösste Teil wird in den USA gespendet – und zwar gegen Bezahlung. Wir wollten mehr über die US-Spender wissen, und Bern wollte helfen. Doch schon nach der ersten Anfrage in den USA war klar: Die Amerikaner blocken.
Der CEO in der Schweiz erhielt einen «Maulkorb» und musste ein bereits zugesagtes Gespräch mit unserem Moderator Reto Lipp wieder absagen.
Man muss wissen, Unternehmen in den USA sind ohnehin medienscheu und verweigern dem Fernsehen oft den Zugang. Die Kontrolle der Information geben sie, wenn immer möglich, nicht aus der Hand. Als dann den Amerikanern aber klar wurde, dass wir auch ohne ihre Unterstützung über die Plasma-Spender in den USA berichten werden, kam es zum Eklat. Der CEO in der Schweiz erhielt einen «Maulkorb» und musste ein bereits zugesagtes Gespräch mit unserem Moderator Reto Lipp wieder absagen.
Damit verpasste CSL Behring die Möglichkeit, in die wichtige Diskussion einzugreifen. Denn für einen grossen Teil der Spender in den USA ist die regelmässige Plasmaspende eine bedeutende Einkommensquelle. Die Frage, ob das nun eine Chance für die Spender sei oder ob es Ausbeutung bedeute, lässt sich nicht mit «Schwarz-Weiss-Aussagen» beantworten. Umso wichtiger wäre es für ein Unternehmen wie CSL Behring, sich der Diskussion zu stellen und ihre Verantwortung gegenüber der Gesellschaft wahrzunehmen. Die Haltung, die Öffentlichkeit einfach mit ein paar eindimensionalen Werbebotschaften abzuspeisen, reicht nicht aus.
Hinter den Kulissen der Spezial-Sendung
Was «ECO» abgesehen von dem Hin und Her mit CSL bei den Dreharbeiten für die Spezial-Sendung noch erlebte? Sie sehen es in folgender Bildergalerie.
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Bild 1 von 12. Reto Lipp im Focus von Kameramann Eric Stitzel vor dem Universitätsspital in Zürich. Tramlärm auf der einen, ein ständiges Kommen und Gehen von Patienten und Angehörigen auf der anderen Seite, sorgten für permanente Unterbrechungen der Dreharbeiten. Bildquelle: SRF.
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Bild 2 von 12. Am Bildschirm sieht man zwar nur den Moderator – die Filmaufnahmen sind aber Teamarbeit. Redaktor Tilman Lingner und Moderator Reto Lipp mit der Technik und jenen, die sie beherrschen. Bildquelle: SRF.
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Bild 3 von 12. Vor und im Blutspendedienst-Zentrum Bern wurden die meisten der Moderationen für die Spezial-Sendung aufgenommen. Die Spender waren zwar überrascht, dass an diesem Tag ein Fernsehteam anwesend war, sprachen aber gerne über ihre Motivation zur Blutspende. Bildquelle: SRF.
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Bild 4 von 12. Es war eine besondere Situation für Moderator Reto Lipp: Sich auf die Moderationen zu konzentrieren, während im Hintergrund Blut gespendet wird. Bildquelle: SRF.
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Bild 5 von 12. «ECO» im OP. Hier stand eine Maschine im Fokus: Der Cell-Saver saugt während der Operation austretendes Blut auf und reinigt es. Danach wird es dem Patienten wieder zugeführt. Bildquelle: SRF.
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Bild 6 von 12. Redaktor Tilman Lingner und Kameramann Markus Zeffler am Grenzzaun in den USA. Auf der anderen Seite ist Mexiko. Und von dort kommen die meisten Blutplasma-Spender, die sich in Zentren von CSL Behring für rund 60 US-Dollar anzapfen lassen. Bildquelle: SRF.
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Bild 7 von 12. Brownsville – die ärmste Stadt der USA. Nicht zufällig stehen hier zwei Plasma-Spendezentren von CSL Behring. Bildquelle: SRF.
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Bild 8 von 12. Kameramann Markus Zeffler (r.) mit dem Plasma-Spender Andres Hernandez in einem Shop in Brownsville, USA. Mit dem Entgelt für seine Plasma-Spende kann sich Hernandez ab und an etwas Zusätzliches leisten, etwa ein paar neue Turnschuhe. Sein Einkommen als Fabrikarbeiter würde dafür nicht reichen. Bildquelle: SRF.
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Bild 9 von 12. Hier wird Blut-Plasma gespendet. Da CSL Plasma dem «ECO»-Team den Zugang zu den Spende-Zentren verwehrte, konnte unser Kameramann nur Aussenaufnahmen machen. Bildquelle: SRF.
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Bild 10 von 12. Länderwechsel: Griechenland. Die Schuldenkrise ist überall sichtbar. Dem Patienten Griechenland geht es schlecht – gerade das Gesundheitssystem gilt als ineffizient. Gerne hätte «ECO» ein Interview mit dem Gesundheits-Ministerium geführt. Drei Tage wurden wir hingehalten, bis dann die definitive Absage kam. Bildquelle: SRF.
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Bild 11 von 12. In Griechenland traf «ECO» die Anämie-Patientin Ioanna Myrilla. Sie benötigt alle zwei bis drei Wochen eine Blut-Transfusion. Sie macht sich Sorgen, weil die Schweiz die Lieferung von Blutkonserven nach Griechenland reduziert. Bildquelle: SRF.
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Bild 12 von 12. Dieser Kühlschrank im Agia Sofia Spital in Athen ist voller Blutkonserven. Weil das Spital aber viele Anämie-Patienten behandelt, werden jeden Tag vier solcher Schubladen benötigt. Bildquelle: SRF.
lint/bacu/siem