Wirtschaft - Blut-Geschäfte und der «Maulkorb» aus den USA
Wie schwierig es ist, über das Geschäft mit dem Blut zu berichten, erfuhr «ECO»-Redaktor Tilman Lingner bei seiner Recherche für die Spezial-Sendung. In der Vorbereitung des Berichts über Blutplasma erlebte er eine Kehrtwende des Marktführers.
Autor: Ein Kommentar von Tilman Lingner, Redaktor ECO
Blut lässt niemanden kalt. Würden wir vom «Geschäft mit Früchten» oder vom «Geschäft mit Literatur» sprechen, wäre die Aufmerksamkeit der Zuschauer geteilt. Blut aber fliesst durch unsere Adern, und wenn mit dem Saft geschäftet wird, betrifft das jeden.
Es gibt keine Möglichkeit, Blut künstlich herzustellen. Es muss direkt vom Menschen genommen werden und macht ihn somit zum Rohstoff-Lieferanten. Solange dieser Rohstoff auf freiwilliger Basis gespendet wird und der Allgemeinheit dient, ist für die meisten alles okay. Wenn aber Blut oder Blutbestandteile wie das Plasma gegen Bezahlung gespendet werden und Unternehmen damit Geschäfte machen, kommen leicht Ängste auf.
Umso wichtiger ist es, dass die Unternehmen, die sich in diesem emotionsgeladenen Umfeld bewegen, Wert auf Transparenz und Offenheit legen.
Wir wollten mehr über die US-Spender wissen, und Bern wollte helfen.
In der Schweiz befindet sich mit CSL Behring der weltweit grösste Verarbeiter von Blutplasma. Als wir in Bern mit dem Unternehmen über unser Projekt sprachen, trafen wir auf einen ausgesprochenen offenen und stolzen Chef Schweiz. Zu Recht: Die Berner Crew hat massgeblich zur Entwicklung von «Privigen» beigetragen, einem lebensrettenden Medikament, das gleichzeitig der erste und einzige Blockbuster ist und dem Unternehmen grosse Gewinne beschert hat.
Das Plasma für «Privigen» und andere Medikamente kommt aber nur zu einem Prozent aus der Schweiz. Der bei weitem grösste Teil wird in den USA gespendet – und zwar gegen Bezahlung. Wir wollten mehr über die US-Spender wissen, und Bern wollte helfen. Doch schon nach der ersten Anfrage in den USA war klar: Die Amerikaner blocken.
Der CEO in der Schweiz erhielt einen «Maulkorb» und musste ein bereits zugesagtes Gespräch mit unserem Moderator Reto Lipp wieder absagen.
Man muss wissen, Unternehmen in den USA sind ohnehin medienscheu und verweigern dem Fernsehen oft den Zugang. Die Kontrolle der Information geben sie, wenn immer möglich, nicht aus der Hand. Als dann den Amerikanern aber klar wurde, dass wir auch ohne ihre Unterstützung über die Plasma-Spender in den USA berichten werden, kam es zum Eklat. Der CEO in der Schweiz erhielt einen «Maulkorb» und musste ein bereits zugesagtes Gespräch mit unserem Moderator Reto Lipp wieder absagen.
Damit verpasste CSL Behring die Möglichkeit, in die wichtige Diskussion einzugreifen. Denn für einen grossen Teil der Spender in den USA ist die regelmässige Plasmaspende eine bedeutende Einkommensquelle. Die Frage, ob das nun eine Chance für die Spender sei oder ob es Ausbeutung bedeute, lässt sich nicht mit «Schwarz-Weiss-Aussagen» beantworten. Umso wichtiger wäre es für ein Unternehmen wie CSL Behring, sich der Diskussion zu stellen und ihre Verantwortung gegenüber der Gesellschaft wahrzunehmen. Die Haltung, die Öffentlichkeit einfach mit ein paar eindimensionalen Werbebotschaften abzuspeisen, reicht nicht aus.
Hinter den Kulissen der Spezial-Sendung
Was «ECO» abgesehen von dem Hin und Her mit CSL bei den Dreharbeiten für die Spezial-Sendung noch erlebte? Sie sehen es in folgender Bildergalerie.
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