Zwei junge Engländerinnen trinken im Frühstücksraum eines Adelbodner Vier-Sterne-Hotels ihren Kaffee. Auf das modern eingerichtete Haus sind sie über eine Buchungsplattform für Spezialitätenhotels aufmerksam geworden. Gebucht haben sie dann aber auf der Homepage des Hotels. Sie tue das lieber direkt übers Hotel, weil sie so eine Ansprechperson weniger habe, sagt Kate aus London.
Das sehen zahlreiche Reisende anders. Direkt auf der Homepage des Hotels buchten inzwischen nicht mehr viele Gäste, sagt Hoteldirektorin Anke Lock. Der Grossteil der Onlinebuchungen laufe heute über Plattformen wie booking.com oder hotels.com.
20 Prozent neue Gäste
Ein Blick in die Statistik des Adelbodner Hotels zeigt: 5000 Zimmer – etwa die Hälfte aller Buchungen – wurden in diesem Jahr übers Internet reserviert. «Von diesen 5000 Buchungen erfolgten etwa 2000 direkt über unsere Homepage», erklärt Direktorin Anke Lock. «Die anderen 3000 haben über so genannte Online Travel Agents gebucht.»
Diese Onlinebuchungsplattformen – kurz OTA – würden immer wichtiger und brächten dem Hotel auch Gäste aus fernen Ländern. «Wir haben mit Sicherheit etwa 20 Prozent neue Gäste aus aller Herren Länder über das Internet erreichen können», sagt Lock. «Die OTA sind da ganz klar eine Hilfe, denn wir können unsere Webseite gar nicht in jeder Sprache darstellen.» Die Buchungsplattformen hingegen übersetzen die Zimmerangebote in bis zu 40 verschiedene Sprachen.
Happige Kommissionen
Dass immer mehr Gäste ihr Hotelzimmer über eine Buchungsplattform beziehen, hat für Anke Lock allerdings auch Nachteile. Bei jeder Buchung bezahlt das Hotel rund zehn Prozent Kommission. Grosse Plattformen wie booking.com verlangten oft mehr.
Booking.com gehört zum US-Konzern Priceline, dem grössten Anbieter von Onlinebuchungsplattformen. Der Börsenwert von Priceline ist etwa anderthalb Mal so gross wie der Schweizer Tourismusumsatz eines Jahres. Die Nummer Zwei im Markt ist Expedia, zu dem Online-Portale wie hotels.com und Trivago gehören. Zusammen kommen Priceline und Expedia auf einen Marktanteil von rund 50 Prozent.
Diese Marktmacht nutzten die Buchungsplattformen mit erpresserischen Verträgen aus, sagt Anke Lock. «Sie setzen uns alle mit Verträgen unter Druck, wonach sie immer den günstigsten Preis auch auf ihrer Seite anbieten dürfen.» Und das trotz der hohen Kommissionssätze.
Was macht Google?
Was, wenn die Buchungsplattformen noch mächtiger werden? Anke Lock legt den Kopf zur Seite und fragt: «Geht das noch?» Priceline, der Mutterkonzern von booking.com, sei schon jetzt ausgesprochen stark. «Wir betrachten das mit Argwohn», so Lock.
Dass Priceline und Expedia ihre Marktstellung gezielt nutzen, stellt auch Andreas Liebrich fest. Er ist Dozent für Online-Tourismus an der Hochschule Luzern. Die Buchungsplattformen würden die Hoteliers manchmal auch gegeneinander ausspielen. Beispielsweise raten sie ihnen, die Kunden mit besseren Stornierungsbedingungen zu ködern. «Und wenn der erste Hotelier damit beginnt, wird der nächste möglicherweise nachziehen». Eine Kettenreaktion.
Liebrich schliesst aber nicht aus, dass die Marktmacht von Priceline und Expedia in den nächsten Jahren etwas geschwächt werde, weil neue Anbieter wie Google in den Markt eintreten könnten. Google profitiere schon heute davon, dass viele Leute ihre Hotelsuche auf der Suchmaschine beginnen, sagt der Experte.
Ein erstes Experiment dazu habe Google in den USA jüngst gestartet. Falls Google selber eine Hotelbuchungsplattform aufbauen würde, könnte das den Wettbewerb vergrössern und die Markmacht von Priceline und Expedia schwächen. Eine Entwicklung, auf die auch Hoteldirektorin Anke Lock hofft.