Das Rüstungsunternehmen Rheinmetall Air Defence steht wegen Korruptionsvorwürfen seit 2012 in Indien auf einer sogenannten Blacklist, einer schwarzen Liste. Das Unternehmen bestreitet die Vorwürfe und geht in Indien gerichtlich dagegen vor. Für die Rüstungsindustrie ist Indien einer der wichtigsten Märkte: kein anderes Land importierte in den letzten Jahren mehr Kriegsmaterial. Das südasiatische Land will nicht nur wirtschaftlich, sondern auch militärisch an die Weltspitze.
Neuer Player auf dem Rüstungsmarkt
Noch 2010 hatte Rheinmetall Air Defence einen grossen Auftrag zur Modernisierung der indischen Marine erhalten. Dieser Auftrag ist infolge des Blacklisting blockiert. Doch am 19. Dezember 2013 erhielt Rheinmetall Air Defence Unterstützung von offizieller Stelle: In Bern fand ein Treffen mit Vertretern von Rheinmetall, dem Militärdepartement und dem Staatssekretariat für Wirtschaft statt («NZZ» vom 14. Juli 2014).
Etwas später, im Februar 2014 schaltete sich sogar Bundesrat Ueli Maurer ein: Das VBS bestätigt gegenüber «ECO», «dass Bundesrat Maurer einen Brief an seinen indischen Amtskollegen geschrieben hat, um sich dafür einzusetzen, dass eine Schweizer Firma die Firma Rheinmetall Air Defence in einem laufenden Vertrag ablösen kann.» Welches Unternehmen damit gemeint ist – darüber schweigt das VBS.
Vermutlich handelt es sich um die Tethys Systems AG mit Sitz in Zürich-Oerlikon, einem neuen Player auf dem Rüstungsmarkt. Die Firma präsentiert sich als Spezialistin für Waffensysteme für die Marine. Die Bilder auf ihrer Internetseite zeigen auch Produkte von Rheinmetall Air Defence, mit der Tethys Systems gemäss bestätigten Recherchen von «ECO» über einen Lizenzvertrag verfügt. Gegründet wurde Tethys Systems von zwei ehemaligen Rheinmetall Air Defence-Vizedirektoren – ein gutes Jahr, nachdem Rheinmetall Air Defence mit dem indischen Blacklisting belegt wurde.
Alles ganz legal
Der indische Rüstungs- und Strategieexperte Abhijit Iyer-Mitra hat Anfang 2014 zum ersten Mal von der Firma Tethys Systems gehört: «Was ich seither erfahren habe, stützt meinen Verdacht, dass der Zweck von Tethys Systems die Umgehung des Blacklistings von Rheinmetall durch das indische Verteidigungsministerium ist. Und um Rheinmetall Produkte unter einem anderen Namen zu verkaufen.»
So könnte auch die indische Marine doch noch zu Schweizer Rüstungsprodukten kommen. Das Vorgehen der Firmen sei legal, sagt Abhijit Iyer-Mitra. Auch dass sich Bundesräte für einzelne Unternehmen einsetzen, ist nichts Ungewöhnliches. Doch es bleibt die Frage, ob sie sich auch dann für Firmen einsetzen dürfen, wenn damit ein Blacklisting umgangen werden kann.