Mit Russland und Brasilien in der Rezession sowie durchwachsenen Daten aus China komme schnell einmal die Sorge auf, was im Rest der Welt geschehe, sagt Klaus Wellershoff zu den jüngsten Reaktionen an den internationalen Börsen: «Auch wenn diese übertrieben sind, halte ich es für eine ganz normale und typische Börsenreaktion, dass man den Tag erst mal schlecht beginnt».
Für den ehemaligen UBS-Chefökonomen ist also die weltweite Entwicklung der Wirtschaft für die Baisse an den Börsen verantwortlich. Die Nachrichten aus China über eine sich verlangsamende wirtschaftliche Entwicklung beschleunigten die bestehende Unsicherheit lediglich.
Auf- und Abschwünge auch in China
Die Fundamentaldaten aus China seien auch gar nicht so schlecht, wie die fallenden Aktienkurse glauben machten. China wachse nach wie vor, aber eben nicht mehr ganz so ungestüm wie noch vor ein paar Jahren, sagt Wellershoff. Und das werde wohl so bleiben.
Seine Beratungsfirma hat schon vor fünf Jahren Chinas Wachstumsfaktoren analysiert und kam damals wie heute zum Schluss: «Was Japaner, Koreaner, Taiwanesen, Singapur und Hongkong in den vergangenen Jahrzehnten durchgemacht haben, sehen wir jetzt auch in China.» Das heisst: China wird ein ganz normales Land, das wie reife Industrienationen Phasen des Wachstums und des Abschwungs erleben wird.
Chinas Zentralregierung weiss das selber auch. Sie setzt seit einigen Jahren alles daran, dass das Land nicht mehr nur von Exporten und Direktinvestitionen aus dem Ausland lebt, sondern vermehrt vom Konsum der eigenen Bevölkerung.
Die Lage wird noch ein paar Tage so bleiben und sich dann beruhigen.
Der Binnenkonsum könnte dann wie ein zweites Standbein wirken und Rückgänge in der Exportindustrie wenigstens teilweise kompensieren. Die Daten aus China zeigen, dass diese Entwicklung bereits im Gang ist. Die Binnenwirtschaft hat in den vergangenen Jahren stark zugenommen.
Doch die Akteure an den Börsen bleiben misstrauisch. Die Lage wird gemäss Wellershoff noch ein paar Tage so bleiben und sich dann beruhigen. Denn Chinas Zentralregierung werde dem Abwärtstrend nicht tatenlos zuschauen. Über drei Billionen Dollar an Reserven und die Verfügungsgewalt über die Zentralbank sind nicht zu unnterschätzende Instrumente. Damit können die nervösen Märkte vielleicht beruhigt werden.