Zheng Weiguo steht in einer Gasse zwischen Wohnhäusern und ruft in den dritten Stock hoch. «Ist Sui Jijun da?» Der 27-jährige wischt sich den Schweiss von der Stirn, dann hastet er die schmale Holztreppe hoch und stellt eine braune Schachtel vor die Tür. Im Innenhof steht sein Elektroroller, vollbepackt mit diversen Paketen.
Dank Internet und Smartphone hat das Online-Shopping China im Sturm erobert. Der umsatzstärkste Tag ist der 11. November. Vor ein paar Jahren wurde der 11.11. – wegen der vier Einsen – inoffiziell zum Single-Tag erklärt. Beschenkten sich die Singles an diesem Tag über das Online-Shopping noch selbst, wird der Tag inzwischen wegen der vielen Rabatte von verschiedenen Konsumenten genutzt.
Doppelt so viele Pakete, 1000 Franken Lohn
In China ist es der Tag für den Ausverkauf im Online-Shopping. Für Zheng Weiguo heisst das, noch mehr Briefe und Pakete austragen zu müssen – 200 Lieferungen schafft er an einem gewöhnlichen Tag. Am 11.11. rechnet er mit bis zu 400.
«Ich werde bis Mitternacht unterwegs sein. Eigentlich müsste ich die Pakete alle am Vormittag liefern. Am Abend schimpfen die Kunden, und fragen, weshalb es so lange gedauert hat.» Denn Zheng verdient sein Geld am Vormittag, wenn die Lieferung zu spät erfolgt und sich der Kunde beschwert, erhält er kein Geld. Trotzdem lohnt sich die Arbeit für ihn. Zheng sagt, er könne hier etwas Geld sparen, und er wolle in ein paar Jahren zurück zur Familie auf dem Land.
Rund 1000 Franken verdient er im Monat – mehr als doppelt so viel, wie er in seiner Heimatprovinz Shanxi verdienen würde. In ganz anderen Dimensionen rechnet der Erfinder des Online-Shopping-Tages: Auf der Plattform des Online-Riesen Alibaba wurden am letztjährigen 11.11. umgerechnet rund 14 Milliarden Franken umgesetzt – ein Rekord. Für dieses Jahr rechnen Marktanalysten gar mit bis zu 20 Milliarden.