Ethos befürwortet eine Décharge. Man erkenne die Bemühung des Novartis-Verwaltungsrates, mehr Transparenz zu schaffen. «Der Verwaltungsrat übernimmt seine Verantwortung, was er bisher nicht getan hat», sagte Ethos-Sprecher Christophe Hans. Bisher hatte Ethos die Verweigerung der Décharge empfohlen.
«Image und Ansehen weltweit angeschlagen»
Die Aktionärsvereinigung Actares will auch weiterhin daran festhalten: Das Verhalten des Verwaltungsrates sei intransparent. Für Actares-Präsident Rudolf Meyer kommt Vasellas Schritt nicht völlig unerwartet: «Die Generalversammlung am Freitag wäre sonst sehr tumultuös geworden», sagte Meyer. Zwar seien die Wellen geglättet. Doch «der Scherbenhaufen ist angerichtet: Das Image und das Ansehen von Novartis sind weltweit angeschlagen.»
Die Décharge will Meyer nicht erteilen. Nicht nur wegen der hohen Saläre. «Es ist dieser Verwaltungsrat, der dieses Schlamassel angerichtet hat – er muss jetzt die Scherben zusammenputzen. Man muss ein Signal setzen.» Wenn nur ein so hoher Druck etwas bewirke, so habe der Verwaltungsrat klar versagt.
Auch aus Sicht des Wirtschaftsdachverbandes Economiesuisse kommt der Verzicht reichlich spät. «Ein sofortiger Verzicht wäre von Vorteil gewesen», sagte Geschäftsführer Pascal Gentinetta. Im Abstimmungskampf um die Abzocker-Initiative sei die Diskussion um Vasella ein Rückschlag. Economiesuisse hatte die Abfindung für Vasella am Wochenende öffentlich kritisiert.
Aktionäre der UBS verweigerten Décharge
Mit der Décharge (»Entlastung») segnen die Aktionäre der Geschäftsführung die Leitung eines Unternehmens im Nachhinein ab. Eine Nicht-Erteilung der Décharge für Verwaltungsräte oder Topmanager eines Konzerns kann dazu führen, dass diese persönlich für ihre Handlungen belangt werden können. Allerdings sind Klagen in der Regel so teuer, dass die Anleger nach einer nicht erteilten Décharge meist von einer Strafverfolgung absehen.
Im April 2010 hatten die Aktionäre der UBS in einer spektakulären Abstimmung die Décharge für 2007 verweigert. Rechtliche Konsequenzen für die damaligen UBS-Chefs hatte dies aber bisher nicht.