Die Eidgenössische Finanzmarktaufsicht (Finma) besetzt ihre Toppositionen häufig mit ehemaligen Geschäftsbankern. Und damit ist ein Interessenskonflikt programmiert.
Denn in ihrer neuen Rolle müssen die Neuregulatoren überwachen, ob sich die Schweizer Banken an die finanzrechtlichen Gesetze halten. Damit sollen sie die Gläubiger, Anleger und Versicherten schützen und sich für die Funktionsfähigkeit der Finanzmärkte einsetzen, wie es in Artikel 5 Finanzmarktaufsichtsgesetz (Finmaag) heisst.
Libor-Skandal zieht weite Kreise
Diese Ziele kann die Finma in eine Zwickmühle bringen. Schliesslich müssen die vom Geschäftsbanker zum Regulator Gewandelten ihre ehemaligen Arbeitgeber überwachen. In dieses Dilemma ist auch Mark Branson geraten. Branson war Chef der UBS Japan, wo die Fäden der Libor-Manipulationen zusammenliefen. Nun fungiert er bei der Finma als Chefaufseher über die Banken. Der Libor-Skandal hat Branson und die UBS eingeholt – und auch die Finma steckt nun in einem Dilemma.
Diese müsse ihre Strategie beim Anheuern von Mitarbeitern ändern, fordert der Headhunter Guido Schilling. «Ehemalige Banker sind bei der Finma nie ohne Risiko», sagt Schilling, der Führungskräfte auf Managerebene vermittelt.
Dieses Dilemma sieht auch Monika Roth, Professorin für Finanzmarktrecht an der Hochschule für Wirtschaft in Luzern: «Man kann leider nicht verhindern, dass solche Interessenskonflikte immer wieder auftreten.» Laut Roth sei es grundsätzlich eine gute Variante, dass die Finma frühere Banker beschäftigt. Doch müsse man auf die Vorgeschichten dieser Manager schauen.
Moral bleibt auf der Strecke
Florian Wettstein, Professor für Wirtschaftsethik an der Universität St. Gallen, verweist bei der Suche nach den Gründen für das Fehlverhalten auf die Unternehmenskultur.
«Natürlich waren die Kontrollen zu schwach. Doch bei Unternehmen wie der UBS kann die Moral auf der Strecke bleiben», sagt Wettstein.
Wenn sich Moral nicht lohne oder in Hinblick auf die Entlohnung oder Karriere sogar schaden könne, dann seien die Anreize da, Moral in den Hintergrund zu rücken, sagt er.
Berater als Lösung
Headhunter Schilling fordert, dass die Finma ganz auf die Rekrutierung von Geschäftsbankern verzichtet. «Man soll Persönlichkeiten in Betracht ziehen, die nicht direkt von den regulierten Banken kommen, sondern von Beratungsunternehmen.»
Diese Berater stehen Banken und Versicherungen zur Seite, wenn es beispielsweise um die Umsetzung der neuen Eigenkapitalvorschriften geht; und sie zeigen ihnen die Grenzen der gesetzlichen Rahmenbedingungen auf.
Massive Lohneinbusse
Schilling treffe häufig Berater an, die sich vorstellen können, ihr Know-how beispielsweise beim Regulator einzubringen. Denn dort seien sie inhaltlich stark gefordert und könnten dem Staat wieder etwas zurückgeben. Durch die profunden Kenntnisse als Berater «verfügen sie auch über die nötige Akzeptanz der Banken», sagt Schilling.
Wenn die Finma ihre Personalpraxis ändern sollte, müssten aber noch die Berater mitspielen. Denn sie erwarten als Regulatoren erhebliche Lohneinbussen.
(prus;basn)