Die Reichen hatten es nicht leicht dieses Jahr. Zumindest diejenigen, die ihr Geld vermehren wollten. Tiefe Zinsen, schwankende Aktienmärkte und politische Unsicherheiten machten selbst den Gutbetuchten zu schaffen. Und trotzdem: Noch nie waren die Reichsten der Schweiz so reich wie heute.
Das Vermögen der 300 Wohlhabendsten ist über 18 Milliarden gewachsen, ein grösseres Wachstum als im Vorjahr. Eine Überraschung, auch für den Chefredaktor der «Bilanz», Dirk Schütz: «Das zeigt, dass die Schweizer Wirtschaft noch immer sehr vital ist.» Und davon profitiere auch die Gesellschaft: «Viele grosse Firmen sind noch immer in Familienhand und dort werden Arbeitsplätze geschaffen. Geht es diesen Firmen gut, geht es auch den dort Arbeitenden gut», sagt Schütz.
Schwieriges Jahr für Uhrenindustrie
Dennoch war 2016 für gewisse Industrien ein schlechtes Jahr, etwa für die Uhrenindustrie. «Diese hatte starke Einbussen im Umsatz, was sich in den Aktienkursen niederschlug. Damit ist auch das Vermögen dieser Familien gesunken», erklärt Schütz. So ist beispielsweise die Familie Hayek mit ihrer Swatch Group in der Rangliste abgestiegen.
Immobilien als Erfolgsformel für Reichtum
Auffallend ist, dass über ein Fünftel der 300 Reichsten ihr Vermögen mit Immobilien erwirtschaftet oder ausgebaut haben. Bei den Neueinsteigern ist es gar ein Drittel. Sind Immobilien ein Rezept für Reichtum? Häuser zu bauen oder zu kaufen scheint jedenfalls eine sichere Sache zu sein. So sicher, dass viele von Betongold sprechen. Goldig an den Immobilien sei vor allem der regelmässige Ertrag, weiss der Immobilien-Experte Donato Sconamiglio: «Egal wie es an der Börse aussieht, die Mieter zahlen immer.»
Jemandem, der schnell reich werden möchte, empfehle ich im heutigen Umfeld nicht, den Bagger aufzufahren.
Ganz ohne Risiko sei aber auch das Betongold nicht. «Das Wertänderungsrisiko wird unterschätzt. Die Einnahmen sind schön, aber man darf nicht die Illusion haben, dass die Werte nicht wieder sinken können», sagt Sconamiglio. Anlagen in Immobilien seien darum für diejenigen gut, die nicht darauf angewiesen sind, wieder zu verkaufen. «Jemandem, der schnell reich werden möchte, empfehle ich im heutigen Umfeld nicht, den Bagger aufzufahren», sagt Sconamiglio.
Häuser gebaut, um sich Arbeit zu beschaffen
Wer mit Betongold reich werden möchte, braucht also Geduld. Diese Geduld aufgebracht hat der ehemalige Politiker und Unternehmer Edgar Oehler. Gemäss der «Bilanz»-Rangliste beträgt sein Vermögen dieses Jahr 125 Millionen. Mit 16 Jahren baute Oehler zusammen mit seinem Vater sein erstes Mehrfamilienhaus. Dies hatte damals vor allem existenzielle Gründe. «Mein Vater war Malermeister und wir mussten uns Arbeit beschaffen», sagt Oehler. Auch heute besteht sein Portefeuille noch hauptsächlich aus Mehrfamilienhäusern und einigen Einfamilienhäusern in der Region Ostschweiz. Spekuliert habe er aber nie, sagt Oehler: «Das entspricht nicht meiner Auffassung.»
«Alle hätten gerne den Paradeplatz»
Neben den Renditen verfolgen einige mit den Immobilien auch ein anderes Ziel: Prestige. «Das ist ein wichtiger Teil. Wie beim Monopoly hätten alle gerne den Paradeplatz», sagt Donato Sconamiglio. Renditen generiere man aber vor allem mit Lagen, die nicht so preisträchtig seien. Für Edgar Oehler haben seine Häuser keinen Prestige-Charakter: «Immobilien gehören zu meinem Leben. Ich bin damit aufgewachsen.» Und auf die Frage, was Reichtum für ihn bedeute, antwortet der Millionär: «Ich will einfach etwas zu tun haben und nicht herumsitzen in meinen letzten Jahren. Es ist schön, wenn die Leute in den Wohnungen zufrieden sind. Was soll ich sonst tun?»