Ekrim hat keine Berufsausbildung. Seit vier Jahren ist er ohne Arbeit. Ausgesteuert, und vom Sozialamt abhängig. Er ist dreissig. Ein hartes Schicksal für den jungen Vater einer kleinen Tochter. Nach der Schule hat Ekrim einige Jahre als technischer Supporter bei einer Telekommfirma gearbeitet. Der Druck sei hoch gewesen. Den Frust der Kunden habe er tagein, tagaus zu spüren bekommen. «Ich wollte mich nicht mehr selbst quälen und kündigte», erzählt Ekrim. Er möchte nicht, dass sein voller Name genannt wird. Seine Situation ist ihm unangenehm.
Am Boden
Erst wer keinen Anspruch mehr auf Arbeitslosengeld, und sein Vermögen bis auf 4000 Franken aufgebraucht hat, der kann Sozialhilfe beziehen. Ein beträchtlicher Teil der Arbeitslosen finden aber vorher wieder eine Stelle. Untersuchungen der Berner Fachhochschule für Soziale Arbeit zeigen, dass nur knapp 15 Prozent der Arbeitslosen nicht rechtzeitig wieder eine Stelle finden und bei der Sozialhilfe landen. Ekrim musste diesen ganzen leidvollen Abstieg mitmachen.
Sein grösstes Problem: Die fehlende Ausbildung. Für junge Leute ohne Berufsausbildung sei es bereits in jungen Jahren schwierig, eine Stelle zu finden, sagt die Ökonomin Renate Salzgeber von der Berner Fachhochschule für Soziale Arbeit.
Aber auch für Menschen mit Berufsbildung im mittleren Alter könne es schwierig werden. Nämlich dann, «wenn ihr Fachgebiet durch die technologische Entwicklung nicht mehr gefragt ist», sagt Salzgeber. So seien Berufsleute wie Setzer, Drucker oder Drechsler auf dem Arbeitsmarkt heute ähnlich chancenlos wie Ungelernte.
Hohe Erwartungen
Für Ekrim wird die Situation also zusehends schwieriger. Die freie Zeit, die fehlende Struktur im Tag, dass sei für ihn besonders schwierig gewesen, erzählt Ekrim. «Ich bin unzuverlässig geworden», sagt er. So sei es für ihn besonders wichtig gewesen, dass ihm das Arbeitsintegrationsprogramm wieder eine Struktur gab. Seit gut einem Jahr ist Ekrim in einem Integrationsprogramm. Beim Maximumm. Einem Verein, der Arbeit und Coaching für Arbeitslose anbietet.
Im Maximumm arbeitet Ekrim in der Logistik. Er transportiert, verpackt und konfektioniert Waren. Die Arbeit sei abwechslungsreich, sagt er. Und das sei ihm wichtig. Denn Ekrim hat Ansprüche: „Ich will nicht jeden Job. Fliessbandarbeit mache ich keine.“ Das sind hohe Ansprüche für jemanden, der keine Berufsausbildung hat.
Ein klarer Fall von Selbstüberschätzung, sagt Christa Toggenburger, die Geschäftsleiterin des Maximumm. Bei jungen Leuten komme das öfters vor. «Ohne Ausbildung sind die Aussichten auf einen Job nach Ekrims Wunsch schlecht», sagt Toggenburger. Zudem gefalle es Ekrim zu gut im Maximumm. Ekrim bestätigt: «Wenn ich könnte, würde ich bleiben».
Nur noch Spezialisten gefragt
Der Strukturwandel in der Schweizer Wirtschaft trägt wesentlich dazu bei, dass es für Ungelernte heute fast keine Jobs mehr gibt. Viele dieser Arbeiten wurden ausgelagert ins Ausland. In der Schweiz wären Sie viel zu teuer. Hier setzt die Sozialfirma Dock an. Sie beschäftigt Langzeitarbeitslose mit einfachen Arbeiten aus der Industrie. Die Löhne bezahlt das Sozialamt; im Dock können sie sich aber noch ein paar hundert Franken dazuverdienen. Mit dem Geld der Kunden finanziert die Sozialfirma ihren Betrieb. Weiterbildung oder Coaching gibt es beim Dock keine. «Beschäftigung ist meist die sinnvollste Unterstützung», sagt Betriebsleiterin Lynn Blattmann.
Den 10 bis 15 Prozent aller Arbeitslosen, die keine Stelle mehr finden, bieten die Sozialfirmen eine sinnvolle Beschäftigung. Um diese Leute wieder in den normalen Arbeitsmarkt zu integrieren, reicht ein Bewerbungstraining meist nicht. Die ungelernten Arbeitslosen müssten auch mit über 40 noch in die Lehre können. Nur so hätten Sie auf unserem hochspezialisierten Arbeitsmarkt eine Chance.