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Eine Frau macht ein Foto der Schuldenuhr, einer Digitalanzeige an einer Aussenwand.
Legende: Die Schuldenuhren ticken und ticken – wie hier im brasilianischen Sao Paulo. Imago

Wirtschaft Die Welt versinkt in Schulden

Unternehmen und Staaten leben auf Pump. In Industrieländern, aber auch in Entwicklungs- und Schwellenländern, wo die Schuldenkurve steil nach oben zeigt. Der Internationale Währungsfonds ist alarmiert: Der riesige Schuldenberg könne zu einem Risiko für die Finanzstabilität werden.

Schulden, wo immer man auch hinblickt: Nach Schätzungen des Internationalen Währungsfonds stehen allein Unternehmen und Banken in Entwicklungsländern mit drei Billionen Dollar in der Kreide. José Vinals, Direktor Kapitalmärkte beim IWF, warnt: Die hohe Verschuldung der Unternehmen mache die ärmeren Länder anfälliger, wenn sich der Wirtschaftsabschwung und der Kapitalabfluss fortsetzen.

Die Chance, dass diese Schulden in absehbarer Zeit abgebaut werden können, ist klein. Im Gegenteil dürfte sich der Verschuldungstrend noch deutlich verschärfen.

Ärmere Länder stecken in der Falle

Viele arme Länder steckten regelrecht in der Schuldenfalle, sagt Bodo Ellmers von der Nichtregierungsorganisation Eurodad, die sich für Entschuldungsinitiativen einsetzt.

Sie müssten neue Schulden machen, um alte zu begleichen. Das liege unter anderem daran, dass es in den letzten Jahren gerade für Entwicklungsländer sehr einfach gewesen sei, Kredite aufzunehmen. «Es war viel billiges Geld auf dem Markt, die Zinsen waren niedrig. Dies vor allem, weil die Zentralbanken in den USA und Europa versucht haben, die Krisen im Norden mit billigem Geld zu bekämpfen.»

Vieles davon sei auch in den Süden geflossen. Das sei erst einmal gut gewesen für sie, weil sie Entwicklungsprojekte mit billigem Geld finanzieren konnten. Das Problem sei aber, dass die Zinsen bald wieder steigen dürften, sagt Ellmers. «Viele Entwicklungsländer sind jetzt hoch verschuldet und werden künftig billige Kredite mit teureren Krediten umschulden müssen. Das wird zu Schuldenkrisen führen.»

Arme Länder müssen neue Schulden machen, um alte zu begleichen.
Autor: Bodo Ellmers Referent bei Eurodad

Eine Überschuldung befürchtet auch der IWF, auch wenn die Gefahr im Moment noch nicht akut sei. Trotzdem rät er Industrieländern auch auf dieser Jahrestagung, die Politik der offenen Geldhähne fortzusetzen. IWF-Vertreter Vinals verteidigt diese Politik. Auch wenn es gewisse unerwünschte Nebeneffekte gebe, sei nicht alles daran falsch gewesen, sagt er. Ohne sie wäre das Wachstum noch schwächer.

Plan gegen Steuervermeidung

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Die G20-Finanzminister haben den von der Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD) vorgelegten Plan zur Bekämpfung der Steuervermeidung internationaler Konzerne gebilligt. Mittels 15 Massnahmen soll sichergestellt werden, dass Unternehmen ihre Steuern in den Ländern entrichten, in denen sie ihre Einnahmen erzielen.

Eurodad fordert Schuldenerlasse

Was armen Ländern im Extremfall droht, ist aus den 1980er- und 90er-Jahren in Erinnerung: Überschuldung, Vertrauensverlust an den Märkten, grosse Abschreibungen bei den Gläubigern. Da auch arme Volkswirtschaften immer vernetzter sind, können die Probleme schnell auf andere Länder übergreifen.

Um das zu verhindern, plädieren Nichtregierungsorganisationen wie Eurodad für Entschuldung, wie das bereits in den 1980er-Jahren durchgeführt wurde – unterstützt vom IWF. Ellmers sagt dazu: «Erstmal würden wir empfehlen, nicht weiter Schulden aufzubauen, sondern diese abzubauen. Unter anderem durch Schuldenumstrukturierung und -erlasse für notleidende Länder weltweit.»

Weiterhin billiges Geld von der EZB

Doch diese Entschuldungsmechanismen gibt es inzwischen nicht mehr. In Industrieländern ist das Problem der Verschuldung zwar noch nicht akut. Aber es gibt einige Faktoren, die das Risiko steigen lassen: Die Zinsen in Europa sind sehr tief, nicht zuletzt wegen der Interventionen der Europäischen Zentralbank (EZB).

Das verleite sehr viele Finanzminister dazu, mehr Geld auszugeben, als sie sollten, heisst es beim IWF. Und die Kosten, die durch die Flüchtlingsströme auf die europäischen Länder zukommen, dürften den Trend noch verschärfen.

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