Ein Euro ist erstmals, seitdem die Schweizerische Nationalbank (SNB) am 15. Januar den Euro-Mindestkurs aufgehoben hat, mehr als 1.10 Franken wert. Der Wechselkurs hat am Morgen kurz vor 11.20 Uhr die entsprechende Marke überschritten. Gegen 12 Uhr stand der Kurs bei 1,1012.
Bereits in den letzten Tagen hat der Euro-Franken-Kurs nach oben tendiert. So notierte ein Euro in der Nacht auf Freitag rund einen halben Rappen höher als die Nacht davor. Grund für die Kursveränderung ist eine Erstarkung des Euro.
Euro legt gegenüber Dollar deutlich zu
Der Euro hat insbesondere gegenüber dem Dollar deutlich zulegen können. Im Handel macht man dafür die Zweifel darüber, ob die US-Notenbank Fed kommende Woche einen Zinsschritt verkünden wird, verantwortlich. Inwiefern von diesem Effekt auch der Euro-Franken-Kurs beeinflusst wird, ist aber nicht klar.
Beeinflusst wird der Euro im Vergleich zum Franken auf alle Fälle aber durch positiv anmutende Konjunkturzahlen aus dem europäischen Wirtschaftsraum. Der Franken verliert an Stärke, weil das wirtschaftliche Umfeld dadurch nicht mehr als so volatil angesehen wird wie auch schon. Die Rolle des Frankens als sicherer Hafen in turbulenten Zeiten lässt dadurch nach, wie Devisenexperten festhalten.
Exportindustrie kann aufatmen – vorerst
Die SNB dürfte wohl weniger mit der Abschwächung des Frankens zu tun haben, so der Tenor verschiedener Devisenexperten. Sie sei «den freien Marktkräften zu zuschreiben», merkt die VP Bank in einem aktuellen Kommentar an. Die SNB halte sich derzeit mit Interventionen zurück.
Der Schweizer Exportwirtschaft dürfte der aktuelle Kurs ein bisschen Luft verschaffen. «Man sagt, dass die 1.10 Franken ein Wechselkurs sind, der als verkraftbar angesehen wird», sagte Ökonom Alexis Körber von der Bakbasel. «Wenn der Franken näher an der Parität wäre, wäre es sehr gefährlich für die Schweizer Wirtschaft, weil die Diskussionen um Unternehmensverlagerung und Investitionszurückhaltung sehr stark aufkommen würden.»
Nach Ansicht der Bakbasel dürfte der Schweizer Franken sich bis gegen Ende des nächsten Jahres gar auf 1.15 Fr. zum Euro abschwächen. Dies setze aber voraus, dass keine Turbulenzen mehr durch Griechenland entstünden, die Euro-Zone sich erhole und China keine harte Landung habe.