Das Glarnerland ist nicht nur bekannt für steile Bergflanken, rauschende Bäche und den Schabziger. Der Kanton Glarus hat auch eine lange Industrie-Geschichte. In einem kantonsübergreifenden Tourismus-Projekt werden nun Fabriken für Einheimische und Touristen zugänglich gemacht.
Elf Unternehmen haben sich zu einem Verbund zusammengeschlossen und bieten bis Ende März Führungen an. Neben Firmen aus dem kulinarischen Bereich, etwa Käse-, Feingebäck- und Schokolade-Fabriken, machen auch Industrie-Firmen mit, die Maschinen oder Papier produzieren.
Bei der erstmaligen Durchführung des Projekts im letzten Sommer wurden insgesamt 350 Besucher gezählt. Ein Erfolg, sagt Marieke van Ommeren von der Agentur Pluswert, die das Konzept im Auftrag des Kantons ausgearbeitet hat. Das Projekt sei in erster Linie als Schlechtwetter-Programm für Touristen gedacht. Doch es spreche auch Einheimische an. «Im Bereich Industrie liegt sehr viel touristisches Potenzial», sagt sie. Bis anhin sei der Tourismus eher stiefmütterlich behandelt worden.
Spezifische Weiterbildung in den Ferien
Für Urs Wagenseil, Professor für Tourismus und Wirtschaft an der Hochschule Luzern, ergibt ein solches Projekt Sinn: «Wir Zentraleuropäer konnten bereits viele Reisen machen und sind dadurch relativ gesättigt.» Der Anteil Touristen, der sich in den Ferien spezifisch weiterbilden und eine neue Region kennenlernen wolle, nehme deutlich zu. «Die Öffnung solcher Produktionsstätten ist für viele etwas komplett Neues», sagt Wagenseil.
Ein Beispiel: die Textil-Druckerei Mitloedi. Sie ist als einzige übrig geblieben von insgesamt 22 Textil-Druckereien, die im späten 19. Jahrhundert rund ein Drittel der Glarner Bevölkerung beschäftigten. Der Geschäftsführer des Familienbetriebs ist stolz, sein Handwerk zeigen zu können. Und er will Mitloedi bekannter machen. Die Textildruck-Firma beliefert grosse Namen wie Yves Saint Laurent und Chanel. «Aber niemand weiss, dass diese Stoffe von uns kommen», so Blesi.
Auch Eternit (Schweiz) AG nimmt am Tourismus-Projekt teil. Sie ist mit 400 Angestellten eine der wichtigsten Arbeitgeberinnen im Kanton. Viele verbinden mit dem Namen Eternit graue Wellplatten, Blumenkisten – und Asbest. Die heutige Firma Eternit (Schweiz) AG hat allerdings mit der früheren Firma und den damit verbundenen Altlasten nichts zu tun. Einerseits gab es vor langer Zeit einen Besitzerwechsel. Zudem wird seit 1990 in der Schweiz kein Asbest mehr verwendet.
Das ist eine Botschaft, die an der Führung vermittelt wird. Die Eternit (Schweiz) AG blickt jedoch lieber in die Zukunft und zeigt den Besuchern Dinge, die kaum bekannt sind. So arbeitet das Unternehmen etwa mit dem Architekturbüro Herzog und de Meuron zusammen oder mit der EPFL in Lausanne.
(bauj/siem)