Er komme zwar plötzlich, der Abgang des Finma-Chefs Patrick Raaflaub, aber aus eigenem Antrieb. Der Verwaltungsrat habe ihn nicht loswerden wollen, sagen Branchenkenner gegenüber «ECO». Raaflaub habe von Anfang an eine Amtsdauer in dieser Grössenordnung kommuniziert.
Dass der zuletzt stark kritisierte Behördenleiter jetzt den Hut nimmt, mag aber auch damit zu tun haben, dass ihm seine Verwaltungsratspräsidentin Anne Héritier-Lachat kaum je öffentlich den Rücken gestärkt hat. Namentlich will dies niemand bestätigen. Aber: Die «Checks & Balances» zwischen Präsidium und Direktor sollen schon ausgeglichener gewesen sein, so die Meinung eines mit den Verhältnissen der Finma Vertrauten. Héritier-Lachat übt das mit jährlich 335‘350 dotierte, vollamtliche Präsidium seit 2011 aus.
«ECO» hat sowohl Anne Héritier-Lachat als auch Patrick Raaflaub um ein Interview gebeten. Beide lehnten ab.
Fragwürdige Kommunikation
Der Rücktritt des Chefs einer der wichtigsten Aufsichtsbehörden sorgt für Diskussionen. So gehen vielen aus der Finanzbranche die Regulierungen in den letzten Jahren zu weit und sind aus ihrer Sicht auch wenig effektiv. Geärgert haben sich die Beaufsichtigten auch über die Art und Weise der Kommunikation der Aufseher: im Stil fragwürdig und oftmals nur via Medien. Raaflaub wollte die Finma wohl keinem Verdacht aussetzen, nicht unabhängig zu entscheiden, vermutet ein Banken-Exponent, und sei dabei übers Ziel hinausgeschossen.
Die Unabhängigkeit der Finma ist laut der Finanzrechtsprofessorin Monika Roth nicht unbedingt gewährleistet. Die Politik würde auf die Behörde nach wie vor zu grossen Einfluss ausüben, schreibt sie in einem kürzlich veröffentlichten Aufsatz. Bei zentralen Themen des Anlegerschutzes wie Retrozessionen oder dem Bereich Entgegennahme nicht versteuerter Gelder sei die Finma zudem zu lange passiv geblieben. Ausserdem fehle ihr eine klare Strategie. Sich bloss die gesetzlichen Vorgaben als Strategie auf die Fahnen zu schreiben, sei eben noch keine, sagt Monika Roth.