Die jüngsten Sanktionen der Europäischen Union und der USA haben Russland getroffen. Die Aktienkurse verschiedener Unternehmen sind stark gesunken. Am Energiemarkt herrscht jedoch Ruhe. Das überrascht, war am Anfang des Ukraine-Konflikts die Angst doch gross, dass die Energiepreise in die Höhe schnellen würden.
Bisher ist allerdings das Gegenteil eingetroffen. Dass die USA und die EU die Schraube angezogen und die Sanktionen gegen Russland verschärft haben, habe man auf dem Energie- und Ölmarkt bis jetzt nur minim gespürt, sagt Norbert Rücker, der für die Bank Julius Bär die Rohstoffmärkte beobachtet: «Da hat man eine gewisse Bewegung gesehen – allerdings im Rahmen von 0,5 Prozent. Wenn man den Brent-Erdölpreis anschaut, ist das im Bereich von Tagesschwankungen.»
Wetter massgebender als Konflikt
Russland ist so stark auf die Einnahmen aus dem Verkauf von Erdöl und Erdgas angewiesen, dass es bisher den Hahn nur der Ukraine, nicht aber dem Rest Europas zugedreht hat. Die Befürchtungen, die noch Anfang Jahr in Europa die Runde machten, dass insbesondere die Erdgaspreise wegen des Konflikts ins Unermessliche steigen würden, haben sich nicht bewahrheitet.
«Was man gesehen hat, ist genau das Gegenteil. Dass nämlich die Krise in der Ukraine gar kein bestimmender Faktor war auf den Energiemärkten», sagt Rücker, und erklärt: «Der europäische Erdgaspreis hat seit Anfang Jahr um mehr als 40 Prozent nachgelassen. Da sieht man: Die Versorgungsengpässe waren kein Thema.» Bestimmend sei das Wetter gewesen, der milde Winter und der milde Frühling.
Somit seien die Erdgasmärkte überversorgt gewesen, so Rücker. Langfristig allerdings könnten die jüngsten Sanktionen die europäische Energieversorgung doch noch treffen. Sie schränken nämlich die Möglichkeiten russischer Firmen ein, sich Kapital und Know-how zu beschaffen. Beides werden russische Rohstofffirmen jedoch benötigen, um die riesigen Erdgasvorkommen, beispielsweise in der Arktis, fördern zu können.