Auf dem ehemaligen Militärflugplatz, wo einst Kampfflieger der Schweizer Armee zu ihren Übungsflügen starteten, hebt derzeit ein Helikopter mit seinem Erbauer Martin Stucki zum Höhenflug an. «In Mollis bauen wir den ersten Schweizer Helikopter. Aktuell machen wir den P2 fertig für die nächste Flugphase. Gleichzeitig sind wir daran, das Gebäude für die Endmontage und die Serienproduktion zu bauen.»
Der CEO der Firma Marenco, welche den neuen Helikopter baut, zieht die schwere Tür zu einem grossen Hangar auf, in dem einer seiner Prototypen steht. Arbeiter ziehen gerade Schrauben an. «Nachdem wir ein paar Messungen durchführen mussten, wird aktuell der Motor wieder eingebaut», erklärt Stucki.
Prototyp bald bereit für die Fluglizenz
Der Motor hat den Test am Boden bestanden. Und auch beim Fliegen habe sich sein neu entwickelter Helikopter bisher gut angestellt. «Er war bis vor etwa drei Wochen regelmässig in der Luft. Regelmässig heisst, er fliegt einige Stunden pro Woche, weil immer viele Auswertungen damit verbunden sind. Und es gibt auch immer wieder kleinere Probleme, die man lösen muss, bevor man wieder in die Luft geht.»
Das Design der Aussenhülle und das technische Innenleben des neuen Helikopters sind so gut wie fertig. In den nächsten Monaten müssen nun diverse Manöver geflogen werden, um die Fluglizenz der Easa, der europäischen Agentur für Flugsicherheit, zu erhalten. Der erste in der Schweiz gebaute Helikopter wiegt zweieinhalb Tonnen, ist einmotorig und bietet sechs bis acht Sitzplätze.
Er ist ein Helikopter, der für Passagierflüge ebenso einsetzbar ist, wie für den Transport von schweren Lasten an einem Seil. Stucki ist überzeugt, dass sein Helikopter punkto Innovation Massstäbe setzen wird. Schliesslich sei seit 40 Jahren weltweit kein neuer Helikoptertyp mehr produziert worden. «Der Neueste ist 1976 auf den Markt gekommen», so Stucki. «Wenn man sich vorstellt, wie die Autos damals ausgesehen haben, so ist unser neuer Hubschrauber ein Quantensprung.»
Ein Quantensprung für den Kanton Glarus
Einen Quantensprung in ihrer wirtschaftlichen Entwicklung erhofft sich von diesem Helikopter auch die Gemeinde Glarus Nord, zu der Mollis gehört. «Wir haben den ersten Helikopter, mit dem die Schweiz Luftfahrtsgeschichte geschrieben hat, an unserem Standort», sagt Gemeindepräsident Martin Laupper begeistert. «Die riesige Chance, ein Helikopterkompetenzzentrum aufzubauen, liegt auf der Hand.» Deshalb soll rund um die Firma Marenco Swiss Helicopters ein solches Zentrum entstehen.
Zu einem bereits bestehenden Unternehmen, das Helikopterflüge anbietet und einem Betrieb, der Landeplattformen für Helikopter herstellt, sollen weitere Firmen hinzukommen. Anschubhilfe leistet auch der Kanton Glarus. Nicht mit Geld, dafür mit jeder Menge Herzblut, sagt der kantonale Wirtschaftsförderer Christian Zehnder.
«Unsere Rolle war eher die des Geburtshelfers», erklärt er. «Wir haben vor rund einem Jahr die Initiative gestartet und mit den ansässigen Unternehmern diskutiert und so die Euphorie entfachen können, dass man hier gemeinsam etwas Grosses schaffen kann: Mollis als Standort für Helikoptertechnologie zu etablieren.»
Derzeit arbeiten rund 50 Angestellte auf dem Flugplatz Mollis an der Konstruktion des neuen Helikopters. Das Kompetenzzentrum bietet Platz für rund 500 Arbeitsplätze in der Helikopterbranche.
Air Zermatt unter den ersten Bestellern
Die Schweiz habe eine lange Tradition darin, Helikopter in der Bergrettung, im Lasten- und im Personentransport einzusetzen. Und da auch die einheimischen Helikopterpiloten weltweit einen guten Ruf geniessen, glaubt Gemeindepräsident Laupper fest daran, dass das Helikopterkompetenzzentrum zum Fliegen kommt. «Für uns als Gemeinde, aber auch für das Glarnerland glaube ich, dass wir hier ein neues Kapitel schreiben in der industriellen Entwicklung unseres Kantons.»
Bevor aber allenfalls Geschichte geschrieben wird, muss der erste Schweizer Helikopter Abnehmer finden. Vier Bestellungen liegen vor, sagt Helikopterbauer Stucki. Der erste Heli soll im nächsten Jahr an Air Zermatt geliefert werden.
Zudem lägen 90 Kaufabsichtserklärungen aus der ganzen Welt vor, sagt Stucki. Nun gehe es darum diese Kaufinteressenten in Käufer umzuwandeln, damit der Helikopterhersteller selbst, sein Unternehmen und damit auch das Helikopterkompetenzzetrum in Mollis richtig abheben können.