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Wirtschaft Gösgen und Leibstadt: Streit um geschönte Bilanzen geht weiter

Gösgen und Leibstadt weisen die Posten für Stilllegung und Entsorgung in den Geschäftsberichten höher aus als in den beiden Fonds. Ein Strafverfahren wegen Urkundenfälschung stellten die Staatsanwaltschaften Aargau und Solothurn ein. Jetzt entscheidet sich, ob es wirklich dabei bleibt.

Die Atomkraftwerk-Betreiber von Gösgen und Leibstadt weisen in ihren Geschäftsberichten seit Jahren Finanzposten für den künftigen AKW-Rückbau aus, die sie mit einer fiktiven und überhöhten Rendite von fünf Prozent berechnen. Dabei liegt der Marktwert für die Stilllegungs- und Entsorgungsfonds-Vermögen, in die die AKW Betreiber jährlich einzahlen, deutlich tiefer – über 300 Millionen Franken im Fall des AKW Gösgen im Jahr 2013.

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Grafik: AKWs Bilanzenstreit
Aus ECO vom 23.02.2015.
abspielen. Laufzeit 41 Sekunden.

Zum Vergleich: Die AKW-Betreiber von Mühleberg und Beznau weisen in den Geschäftsberichten dieselben Beträge aus, die auch in den Stilllegungs- und Entsorgungsfonds aufgeführt sind.

«Wie in der Alchemie»

Für den unabhängigen Bilanzexperten Kaspar Müller, der sich die Geschäftsberichte der Atomkraftwerke näher angeschaut hat, ist das Vorgehen von Gösgen und Leibstadt unverständlich: «Es kam mir vor wie in der Alchemie», sagt er im Interview mit «ECO». Verschiedene Vorschriften des Obligationenrechts seien nicht eingehalten: «Und da eine Bilanz eine Urkunde ist, handelt es sich um Urkundenfälschung.» Das bestreiten die AKW-Betreiber.

Für Müller aber ist klar: Mit den fiktiven Zahlen beschönigten die AKW-Betreiber ihre prekäre Finanzlage und umgingen so notwendige Sanierungen: «Kein Accounting-Standard der Welt lässt zu, dass man Wertschriften höher bewertet als den Marktwert.» Deshalb reichten Greenpeace und der Trinationale Atomschutzverband TRAS mit der Unterstützung von Kaspar Müller 2011 Strafanzeige gegen die AKW-Betreiber wegen Urkundenfälschung ein.

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Die Staatsanwaltschaften von Solothurn und Aargau verfügten jedoch Ende 2013 die Einstellung der Verfahren. Pikant: In der Einstellungsverfügung schrieb die Staatsanwaltschaft Solothurn gleich selber, dass ein Verlust herausgeschaut hätte, sofern Gösgen im Geschäftsbericht denselben Betrag verbucht hätte wie in den Stilllegungs- und Entsorgungsfonds: «Sanierungsmassnahmen (…) wären unumgänglich gewesen.»

Axpo und Alpiq: Keine Urkundenfälschung

Die Betreiber von Gösgen und Leibstadt, die Energiekonzerne Axpo und Alpiq, berufen sich in ihren Stellungnahmen auf die Einstellungsverfügungen der Staatsanwaltschaften, wonach keine Urkundenfälschungen gefunden wurden. Alpiq: «Sämtliche Angaben in der Bilanz des Kernkraftwerks Gösgen sind korrekt.» Und die Axpo: «Die Rechnungslegung der Betreibergesellschaften wurde und wird von ihren Revisionsgesellschaften vorbehaltlos testiert, und die Bilanzvorwürfe wurden von den zuständigen Staatsanwaltschaften als nicht stichhaltig eingestuft.»

Greenpeace und TRAS wehrten sich mit einer Aufsichts- und Disziplinarbeschwerde. Jetzt entscheidet sich, ob sie damit Erfolg haben werden oder nicht: Bis Ende dieser Woche will der als Sonderstaatsanwalt eingesetzte alt-Bundesrichter Hans Wiprächtiger entscheiden, ob das Verfahren neu aufgerollt wird. Letztlich geht es um sehr viel Geld: Wenn die Atomkraftbetreiber ihre Bilanzen sanieren müssten, würde in letzter Konsequenz die öffentliche Hand haften. Und damit träfe es die Steuerzahler.

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