Das Bundesstrafgericht hat einen ehemaligen Kadermann des Biotechnologie-Unternehmens Cytos in Schlieren ZH am 22. Februar 2016 wegen Insider-Handels verurteilt. Das zeigen Recherchen von «ECO». Der Kadermann hatte zwischen 2009 und 2010 für über 300‘000 Franken Cytos-Aktien gekauft und verkauft – immer, bevor das Unternehmen börsenrelevante Informationen veröffentlicht hat.
Mit seinen Insider-Informationen erzielte er an der Börse einen Gewinn von über 55‘000 Franken. Das Gericht verurteilte ihn zu einer bedingten Geldstrafe von 84‘000 Franken und einer Busse von 4000 Franken, nachdem er zwischenzeitlich zwei Tage in Untersuchungshaft sass. Den erzielten Gewinn muss er abgeben. Das Urteil ist seit dem 5. April öffentlich zugänglich.
Regelmässige Medienpräsenz
Der Kadermann hatte die Insider-Informationen auch einem nahen Verwandten weitergegeben, der damit einen Gewinn an der Börse von über 25‘000 Franken gemacht hatte. Die Bundesanwaltschaft verurteilte ihn mittels Strafbefehls zu einer bedingten Geldstrafe von über 32‘000 Franken und einer Busse von 2000 Franken. Auch er muss den erzielten Gewinn abliefern.
Das Biotech-Unternehmen Cytos war regelmässig in den Medien. 1999 gewann der Gründer am Swiss Economic Forum den Preis als erfolgreichster Jungunternehmer. Auch später berichteten Medien regelmässig über das Schlierener Unternehmen, das eine Impfung gegen Nikotinsucht entwickeln wollte, eine gegen Fettleibigkeit und später eine gegen die Vogelgrippe. Der Aktienkurs zeigte riesige Ausschläge. 2007 stieg er dann plötzlich von 10 bis 30 Franken auf fast 180 Franken, ein Jahr später war die Aktie nicht einmal mehr ein Viertel wert. Am Ende lag der Kurs bei 10 Rappen. Anfang 2016 wurde Cytos vom Unternehmen Kuros aufgekauft. Inzwischen haben die beiden Firmen unter dem Namen Kuros Biosciences fusioniert.
Bundesanwaltschaft sagt Insider-Handel den Kampf an
Bereits vor dem Fall Cytos hatten Bundesanwaltschaft und Bundestrafgericht zwei Insider verurteilt wegen Aktiengeschäften im Vorfeld der Übernahme des Waschmaschinen-Herstellers Schulthess durch die schwedische Industriegruppe Nibe. Auch vor der Übernahme der Tessiner Newave Energy Holding durch ABB kam es zu strafbaren Insider-Geschäften.
Nachdem die Schweiz Insider-Handel 1988 verboten hatte, kam es in den darauffolgenden 25 Jahren gerade mal zu 16 Verurteilungen.
Seit Mai 2013 ist die Bundesanwaltschaft für dieses Delikt zuständig, und seither gilt es ernst: «Insider-Delikte gibt es», sagt Oliver Thormann, Leiter der Abteilung für Wirtschaftsdelikte bei der Bundesanwaltschaft, zu «ECO». Und er droht: «Wir werden effizienter, und das Netz wird immer enger. Es wird für einen Insider also immer schwieriger, durch die Maschen zu schlüpfen.»
In drei Jahren wurden fünf Personen wegen Insider-Delikten verurteilt – für die Bundesanwaltschaft ein Erfolg: «Im ersten Jahr hatten wir keine Verurteilungen. Wir haben das ganz bewusst als Lehrjahr definiert. Wir mussten uns in die neue Materie hineinversetzen, wir mussten wichtige Fragen abklären. Wir mussten lernen, aus den vielen Anzeigen auszusondern; aus den richtigen Anfangsindizien die richtigen Verdachtsmomente zu finden.»
Harte berufliche Konsequenzen
Verglichen mit den USA stünde die Schweiz nicht schlechter da, so Thormann: «Die Amerikaner haben etwa 80 Verurteilungen pro Jahr und 320 Millionen Einwohner. Wir sind etwa 40 Mal weniger, wir haben zwei Verurteilungen.»
Während in den USA 2011 ein Täter wegen Insider-Handels zu elf Jahren Haft verurteilt wurde, liegt die bisher höchste Strafe in der Schweiz bei einer bedingten Geldstrafe von 630‘000 Franken. Dennoch seien die Strafen in der Schweiz schwer, sagt Thormann: «Wirtschaftskriminelle, das sind sehr sensible Täter. Jede Verurteilung, sogar nur symbolisch, ist für sie eine Katastrophe.» Ein Insider, der das Vertrauen seines Arbeitgebers oder von Partnern missbraucht habe, sei nachher mit beruflichen Konsequenzen konfrontiert, die genauso hart eingreifen würden wie das Strafrecht.
Der Ex-Kadermann von Cytos arbeitet heute in einer anderen Branche. Zu «ECO» sagt er, seine Insider-Geschäfte seien ein grosser Fehler gewesen, der ihm leid tue. Das Strafverfahren sei eine «schreckliche Zeit» gewesen.