Das iPhone veränderte vor zehn Jahren unseren Umgang mit dem Computer. Dank Touchscreen und App können heute sogar Kleinkinder ein Tablet oder Smartphone bedienen. Mit Tastatur und Maus ist das nicht möglich.
Drei Ideen verhalfen dem modernen Smartphone zum Durchbruch:
- Der Multi-Touchscreen löste die Tastatur ab.
- Finger und Gesten ersetzten die Maus.
- Apps und App Store vereinfachten die Bedienung, Installation und Beschaffung von Software.
Multi-Touchscreen
Ein Smartphone ohne Tastatur war vor zehn Jahren eine Sensation. Damals hatten alle Handys auf dem Markt eine physisches Keyboard, das die Hälfte der Geräte ausfüllte – der damalige Apple-Chef Steve Jobs hielt das für reine Platzverschwendung. Denn viele Funktionen eines Handys benötigen gar keine Tastatur oder nur eine einzige Taste.
«Wir erfinden das Telefon neu. Wir beginnen mit einer revolutionären Benutzeroberfläche» verkündete Steve Jobs während der Präsentation des ersten iPhones . Ein Bildschirm, den man mit mehreren Fingern gleichzeitig bedienen kann, ein Multitouchscreen, sollte den Umgang mit dem portablen Computer radikal vereinfachen. Dazu sei jahrelange Entwicklungsarbeit notwendig gewesen, meinte Jobs.
Und das nicht nur bei Apple: Die Idee für einen Touchscreen skizzierte E.A. Johnson vom Royal Radar Establishment in einer Publikation 1967, also genau 40 Jahre vor Steve Jobs Präsentation. Gebaut wurde der erste Touchscreen 1973 am CERN in Genf. Verglichen mit den heutigen Modellen waren diese Bildschirme primitiv. Sie erkannten bloss einen Finger oder Stift und konnten die Position des Zeigers nur grob eruieren.
Zu Beginn der achtziger Jahre nahmen die ersten Multitouch-Bildschirme Gestalt an, Geräte, die die Bewegung mehrere Finger gleichzeitig verfolgen konnten.
Erst 2007 war die Zeit reif für einen hochauflösenden, portablen Multitouchscreen.
Doch ein berührungsempfindlicher Bildschirm ist erst die halbe Miete. Die Geräte müssen verstehen, was die Nutzerin von ihnen will, wenn sie mit ihren Fingern über die Oberfläche streicht. Dazu braucht es Software - und ein Konzept, was welche Geste bedeutet.
Bedienung über Gesten
Auch dafür war jahrelange Forschung notwendig. Eine wichtige Rolle spielte der amerikanische Elektroingenieur Wayne Westerman. Er beschäftigte sich ab Mitte der 90er Jahre im Rahmen einer Dissertation mit Gesten.
1998 gründete er zusammen mit seinem Professor John Elias von der Universität Delaware die Firma FingerWorks. Für Apple war das Know How der Firma so wichtig, dass der Konzern das Unternehmen 2005 aufkaufte.
Westermann und Elias waren nicht die einzigen, die sich mit der Bedienung eines neuartigen Bildschirmes beschäftigten. 2006 führte der Designer Jeff Han seinen Touchscreen vor , den er mit beiden Händen bedienen konnte. «Die Technologie selber ist nicht so aufregend, wirklich interessant ist, was man damit machen kann» meinte der damals 31-jährige Amerikaner.
Zum Erstaunen des Publikums schob er mit beiden Händen Fotos auf seinem Bildschirm herum. Ganz aus dem Häuschen gerieten die Zuschauer, als er mit zwei Fingern ein Foto auseinanderzog und das Bild so vergrösserte.
Diese Geste ist als «Pinch» in die Geschichte eingegangen. Sie gehört nun zum Standartrepertoire jedes Gerätes mit einem Touchscreen. Genau ein Jahr später führte auch Steve Jobs während der ersten Präsentation des iPhones die gleiche Bewegung vor, ebenfalls zum Entzücken des Publikums. Wahrscheinlich haben verschiedene Tüftler diese Geste unabhängig voneinander erfunden.
Die Kombination aus berührungsempfindlichem Bildschirm und Gesten hat die Bedienung eines Smartphones oder Tablets so stark vereinfacht, dass selbst Kleinkinder ohne Anleitung damit spielen können. Wieder einmal hatte Steve Jobs vor allen anderen den Riecher für einen Megatrend.
Apps und der App-Store
Noch etwas hat beim ersten iPhone zur Vereinfachung der Benutzung beigetragen: Apps, kleine Programme, die dem Smartphone neue Funktionen beibringen oder die ein paar wenige Funktionen bündeln. So werden die Nutzer nicht überfordert.
Der ursprüngliche Plan sah so vor, dass Apple alleine diese kleinen Helfer zur Verfügung stellt. Externe Anbieter sollten lediglich sogenannte Web Apps entwickeln, im Wesentlichen eine Webseite, die als App daherkommt.
Das stiess bei den Entwicklern auf wenig Begeisterung. Sie wollten ebenfalls eigene Apps programmieren, die auf die verschiedenen Sensoren im iPhone zugreifen und so das volle Potential des neuen Gerätes nutzen konnten.
Die Hacker wussten sich zu helfen: Wenige Tage nach dem das erste iPhone auf den Markt kam, gelang es ihnen, die von Apple implementierten Einschränkung auszuhebeln («Jailbreak»). Von nun an konnte jeder iPhone-Besitzer Apps von Drittanbietern auf seinem Gerät installieren.
Steve Jobs musste reagieren. 2008 ging der App Store online, ein Marktplatz, auf dem Entwickler ihre Apps verkaufen konnten.
Auch dieses Konzept hat eine lange Geschichte. Anfangs der 90er Jahre entwickelte die Firma Page Press den ersten App-Store. Der Verlag hatte zuvor ein Software-Verzeichnis gedruckt und herausgegeben. Über die digitale Version dieses Verzeichnis, die auf DVD ausgeliefert wurde, konnte man sich nun das Recht an einer Software kaufen.
1993 wohnte ein prominenter Unternehmer einer Präsentation des ersten App Stores bei. Sein Name: Steve Jobs.
Bei den Apps und dem App Store hatte Steve Jobs die Lage zuerst falsch eingeschätzt. Beim Touchscreen lag er jedoch goldrichtig. Er hatte als erster den Mut zum radikalen Schritt, ganz auf eine Tastatur zu verzichten. Das hat Apple zur wertvollsten Firma der Welt gemacht.