Das hat so niemand erwartet: die japanische Wirtschaft ist im dritten Quartal überraschend weiter geschrumpft. Die Statistiker hatten schon im Vorquartal eine Abnahme der Wirtschaftsleistung festgestellt. «Es ist kein schönes Zeichen, wenn die drittgrösste Volkswirtschaft der Welt nicht aus dieser Schwäche herauskommt», sagt Felix Brill. Der Ökonom ist Japan-Spezialist beim Beratungsunternehmen Wellershoff & Partners.
Abes Experiment ist gescheitert
Zum einen harzt in Japan der private Konsum. So hat die Anhebung der Mehrwertsteuer von 5 auf 8 Prozent im April die Kauflaune offenbar stärker und länger getrübt als erwartet. Hinzu kommt, dass auch die Unternehmen kaum noch investieren.
Für die japanische Regierung von Premier Shinzo Abe kommt das einer Niederlage gleich. Abe hatte in den letzten Monaten intensiv versucht, die Stimmung von Konsumenten und Unternehmern zu verbessern. Man habe mit Psychologie probiert, Optimismus zu verbreiten und den Aufschwung zu erzwingen, stellt der Ökonom Brill fest. Doch: «Gegenwärtig muss man sagen, dass das Experiment gescheitert ist.»
Für das vierte Quartal rechnet der Ökonom immerhin mit einer kleinen Erholung. Es gebe Anzeichen, dass der private Konsum in Japan leicht anziehe. Und auch die Unternehmen würden allmählich wieder in neue Fabriken und Produkte investieren, beobachtet Brill. Allerdings warnt er vor zu viel Euphorie. «Auf eine kräftige Belebung und damit einhergehend auf eine Funktion als Lokomotive können wir nicht hoffen.»
«Japan bleibt ein Risiko»
Nach wie vor sind die USA der Motor der Weltwirtschaft, dort wächst die Wirtschaft derzeit relativ robust. Europa tummelt sich irgendwo im Mittelfeld, während Japan in der Rezession steckt. Trotz schlechter Konjunkturdaten aus Japan zieht Brill nicht ein rabenschwarzes Fazit für die Weltwirtschaft: «Insgesamt ist das Bild gar nicht so schlecht.» Er erwartet weltweit etwas mehr Wachstum, sieht aber keinen dynamischen Aufschwung.
«Japan bleibt aufgrund seiner Grösse ein Risiko», fügt Brill an. Der Ökonom meint damit aber weniger konjunkturelle Gründe als die enorm lockere Geldpolitik, derer sich Japan unter Abe verschrieben hat. Bereits hat sich der Yen markant abgeschwächt: «Es kann sein, dass dies noch grössere Verwerfungen nach sich zieht», befürchtet Brill. Durch die lockere Geldpolitik hat Japan die Inflation im Land bereits deutlich angeheizt. Beides schwächt den Yen.
Kommt hinzu, dass auch die Börsen jeweils auf schlechte Nachrichten aus Japan reagieren. So sind heute Montag die Aktienkurse weltweit unter Druck geraten, auch der Erdöl-Preis gab weiter nach. Die Hoffnung, dass Japan in nützlicher Frist wieder zu einer tragenden Stütze der Weltwirtschaft wird, ist nach den jüngsten Konjunkturzahlen geschrumpft.