Julius Bär hat die verwalteten Vermögen im vergangenen Jahr um 11 Prozent auf den Rekordwert von 189 Milliarden Franken gesteigert. Netto flossen Neugelder von 9,7 Milliarden Franken zu. Das sind 500 Millionen Franken weniger als 2011. Zum Zufluss hätten alle Regionen beigetragen, betonte Julius-Bär-Chef Boris Collardi am Montag an einer Telefonkonferenz.
Integration Merrill Lynch «gut auf Kurs»
Am vergangenen Freitag gab Julius Bär den ersten Schritt zur Integration des Geschäftes von Merrill Lynch bekannt: Die in Genf angesiedelte Schweizer Tochter wird übernommen – mit Vermögenswerten von 11 Milliarden Franken. Das ist aber nur der Anfang. Merrill Lynch ist in über 20 Standorten rund um den Globus tätig. Schritt für Schritt sollen Kunden und deren Vermögen in die Bär-Gruppe transferiert werden. Es handelt sich um 72 Milliarden Franken.
Für den Kauf von Merrill Lynch hatte Julius Bär im letzten August 860 Millionen Franken ausgegeben. Zwei Jahre gibt sich die Bank nun Zeit, um die ehemalige Bank-of-America-Tochter mit dem eigenen Geschäft zu verschmelzen. Damit verbunden sind höhere Gewinnerwartungen, aber auch der Abbau von rund 1000 Stellen. Die Integration sei «gut auf Kurs», sagte Collardi.
Der adjustierte Konzerngewinn stieg um 8,1 Prozent auf 433 Millionen Franken. Dabei klammert die Vermögensverwalterin allerdings Integrations- und Restrukturierungskosten sowie Abschreibungen auf immateriellen Vermögenswerten bei Akquisitionen aus.
Unter Einschluss dieser Positionen verblieb unter dem Strich ein Konzerngewinn von 298 Millionen Franken, 15 Prozent mehr als im Vorjahr.
Blick nach Asien
Auf der Suche nach vermögenden Privatkunden verstärkt Julius Bär nun auch die Präsenz auf dem japanischen Markt. Im Januar wurde eine 60-Prozent-Beteiligung am Vermögensverwalter TFM Asset Management mit Büros in Tokio und Zürich übernommen. Diese verwaltet Vermögen von mehreren hundert Millionen Franken. Über den Kaufpreis wurde Stillschweigen vereinbart.
Collardi: Aktivitäten in China angelaufen
Bereits im vergangenen Sommer kündigte Julius Bär eine enge Zusammenarbeit mit der Bank of China ang. Fast nirgends wächst die Zahl der Superreichen so schnell wie in China. Diese haben wenig Vertrauen in die staatlich kontrollierten chinesischen Banken und stellen deshalb eine interessante Zielgruppe dar.
Wie Collardi gegenüber Radio SRF sagt, wurden mittlerweile verschiedene Aktivitäten vor Ort gestartet. «Es läuft gut, aber sehr langsam wie alles in China», betont er. Julius Bär hat nur eine repräsentative Vertretung in China, also keine Bank. Die Schweizer betreuen also chinesische Wohlhabende, die ihre Vermögen international anlegen wollen.
Experten: Beträchtliche Risiken
Dass das Geschäft mit chinesischen Kunden unter den aktuellen Gegebenheiten nicht einfach und mit Risiken verbunden ist, bestätigt Kurt Haerri, Präsident der Handelskammer Schweiz-China. Denn der Renminbi kann nicht frei gewechselt werden. Und ohne Bewilligung der Regierung darf kein Geld ins Ausland fliessen. «Ich bin überzeugt, dass unsere Banken jetzt nicht noch neue Probleme suchen», gibt sich Haerri überzeugt.
Kommt dazu, dass oft unklar ist, woher chinesische Reiche ihr Geld haben, wie Bankenprofessor und China-Kenner Maurice Pedergnana ergänzt. Die meisten Millionäre und Milliardäre in China hätten ihr Vermögen auf dem Immobilienmarkt gemacht. «Diese Verdienstmöglichkeiten sind nicht einfach in einer freien Marktwirtschaft erfolgt, sondern in einer Umgebung, wo man Beamte und Parteimitglieder bestechen musste», erinnert Pedergnana. Wenn jemand die Regeln breche, drohten drakonische Strafen.
Collardi: Noch nicht das grosse Geschäft
Laut Collardi sind sich die Banken dieser Risiken bewusst. Man gehe langsam vor, das grosse Geschäft mache man in China noch nicht. Das Geschäft laufe heute mehrheitlich in Hongkong und Singapur. Dort will Julius Bär in Zukunft wachsen und die schwache Entwicklung in Europa kompensieren. Laut Pedergnana spielen heute die kleineren Schweizer Banken noch eine absolut marginale Rolle in diesem Markt.