Seit Anfang Jahr haben weltweit bereits mehr als 200 neue Kundenberater bei Julius Bär unterschrieben. «In Asien, Lateinamerika, Monaco, dem Mittleren Osten, der Schweiz», zählt Bankchef Boris Collardi voller Stolz die Länder auf, in denen seine Bank ihre Aktivitäten verstärkt.
Abwerbung kostet viel Geld
Dass sich Banken gegenseitig die Kundenberater ausspannen, ist nicht neu in der Branche. Dass dies eine Bank aber derart offen kommuniziert und forciert wie Julius Bär, ist ungewöhnlich. Allerdings hat das Abwerben von Kundenberatern bei der Konkurrenz auch ihren Preis. Collardi gibt zu, dass die allermeisten jetzt bei Julius Bär mehr verdienen als bei ihrem früheren Arbeitgeber. Schliesslich gehöre eine Lohnerhöhung zu den meisten Stellenwechseln dazu.
Der 42-jährige Collardi – er leitet die Bank schon seit sieben Jahren – ist überzeugt, dass sich dies schon bald auszahlen wird. «Es ist günstiger als eine Akquisition», sagt er. Wenn man eine ganze Firma kaufe, müsse man auch das Backoffice und alle anderen Unternehmensteile übernehmen. «So aber müssen Sie nur in den Anlageberater und das Team investieren.» Dies berge weniger Risiken, weil man sich jeden einzelnen Kunden aussuchen könne.
Ja keine Altlasten mitbringen
Ganz risikolos ist das Unterfangen allerdings nicht. Die neuen Kundenberater arbeiteten zuvor in allen möglichen Banken der Welt. Collardi muss nun sicherstellen, dass die neuen Berater mit all ihren Kunden künftig die Gepflogenheiten von Julius Bär kennen und einhalten. Ausserdem dürfen sie keine Altlasten mit zur Zürcher Bank bringen. «Die neuen Kunden werden nach den höchsten Ansprüchen der Geldwäscherei-Vorschriften qualifiziert», versichert Collardi.
Dass bei Julius Bär allerdings nicht immer alles vorschriftsgemäss abläuft, zeigen zwei aktuelle Fälle: Die Privatbank ist sowohl in den Korruptionsskandal rund um den Weltfussballverband Fifa als auch in jenen um den brasilianischen Ölkonzern Petrobras verwickelt.
Der Erfolg von Collardis spezieller Wachstumsstrategie hängt also auch davon ab, ob er das Risiko neuer Rechtshändel unter Kontrolle behalten kann.