«Ich sehe nicht, wo das Risiko sein sollte», sagt Roland Goethe. Der Inhaber der Metallverarbeitungs-Firma Goethe in Glarus hat einen Kooperations-Partner gefunden: François Schoch, Chef von Firstindustries im waadtländischen Crissier. Goethe ist Spezialist für das Stanzen von Metallteilen, Schochs KMU ist stark in der Beschichtung von Metallteilen, also Verzinken, Spritzen, Verchromen.
Künftig wollen sie sich über den Röstigraben hinweg Aufträge vermitteln – «ich stanze, er beschichtet», erklärt Goethe kurz und bündig die Zusammenarbeit. Die beiden Patrons kennen sich aus dem Branchenverband Swissmechanics. Goethe ist Präsident, Schoch sitzt im Vorstand.
Savoir faire aus der Schweiz extrem wichtig
First Industries ist ein typischer Zulieferer. François Schoch wird von seinen Grosskunden unter Druck gesetzt: Kaum hob die Nationalbank den Mindestkurs auf, kamen auch schon die Forderungen: Er müsse seine Preise um 10 bis 20 Prozent senken.
Schoch muss Kosten reduzieren. Arbeiten ins Ausland zu verlagern, kommt für ihn nicht in Frage. Er kämpft für den Industriestandort Schweiz.«Savoir faire aus der Schweiz, das ist für mich extrem wichtig. Wir haben die gleiche Mentalität, den gleichen Wunsch, die Anliegen der Kunden zu erfüllen», sagt Schoch.
Die Stanzerei der Metallteile wollte er auslagern, weil er sie in seiner Firma nicht mehr rentabel betreiben konnte – dafür suchte er einen Partner in der Schweiz. Jetzt stehen seine drei Stanzmaschinen in Goethes Werkhalle in Glarus – sie sind eine Leihgabe. Der erste Schritt: Briden, also Metallklammern, die dazu dienen, Elektrokabel zu befestigen, werden jetzt von Goethe gestanzt.
Das lohnt sich für beide Seiten, erklärt Goethe:«Als Spezialisten für die Stanzerei können wir billiger sein, sogar mit den Transportkosten. Und wir schicken unsere Metallteile nach Crissier zum Verzinken. So haben wir eine Win-Win Situation.»
Zauberwort Vertrauen
Vertrauen ist für François Schoch das Zauberwort für erfolgreiche Zusammenarbeit. Das hat er zu Goethe, mit dem er im gleichen Boot sitzt, mit dem er auf Augenhöhe arbeiten kann.
Auf die Zusammenarbeit mit den Grosskunden kann er dagegen nicht mehr zählen. Längst seien dort die Finanzspezialisten am Ruder, und nicht mehr die Unternehmer, die sich der Schweiz verbunden fühlen.
Grosse spielen Markteffekt knallhart aus
Der Direktor des KMU-Instituts an der Universität St. Gallen, Urs Füglistaller, bestätigt: «Man muss wissen: Die grossen Unternehmen sind in solchen Situationen knallhart und spielen den Markteffekt aus.» Eine Kooperation unter «Klein und Klein oder Mittel und Mittel» bedinge aber auch, dass man sich kenne. «Man muss wissen: Wir sind auf gleicher Augenhöhe.»
Knowhow um jeden Preis halten
François Schoch von First Industries hat bereits viele Aufträge von Bobst verloren, einem Waadtländer Konzern mit 4800 Angestellten. Noch ist Bobst ein grosser Kunde – doch es ist bereits absehbar, dass noch mehr Aufträge in den EU-Raum vergeben werden. François Schoch: «Wenn wir diese grossen Kunden aus der Industrie verlieren, wird es für die Schweizer KMU ganz schwierig».
Mit gegenseitigem Beistand in schwierigen Zeiten wollen sich Schoch und Goethe neue Märkte erschliessen, um ihre Mitarbeiter weiter beschäftigen zu können. Denn ihr Knowhow zu verlieren ist das Letzte, was sie wollen.