Letzte Woche hat der deutsche Discounter Lidl seine 102. Filiale in der Schweiz eröffnet. In Sewelen SG und damit getreu der Strategie, die Lidl vor allem zu Beginn gefahren hat: Standard-Märkte im Dorf statt Filialen in grossen Zentren.
Marco Landolt verantwortet die Expansion von Lidl Schweiz. Er will auch in den Städten zulegen. In Zürich, Basel oder Genf sei Lidl zwar präsent, sagt er zu «ECO», aber das Ende sei nicht erreicht. «Bern zum Beispiel, dort wollen wir hin, und dort werden wir hingehen», so Landolt.
Für die weitere Expansion hat Lidl jüngst eine zentrale Voraussetzung geschaffen: das neue Verteilzentrum in Sévaz FR. Sechs Jahre lang, seit dem Markteintritt 2009, hatte Lidl all seine Filialen von Weinfelden aus versorgt. Seit Anfang Juni sind die Wege ins Regal und damit zum Kunden bedeutend kürzer.
Ein Blick in die neuen Filialen zeigt: Lidl wälzt den Schweizer Markt nicht um, wie beim Markteintritt 2009 vom deutschen Hard-Discounter erwartet. Lidl hat sich integriert.
Dazu gehört der Fokus auf Swissness: Frische, Backnischen – und einheimische Lieferanten. In den Worten Landolts: «Smart-Discount» statt «Hard-Discount».
Coop und Migros sind Lidl voraus
Lidl erzielt laut Schweiz-Chef Georg Kröll 50 Prozent seines gesamten Umsatzes mit Schweizer Produkten. Bezogen auf die Lebensmittel dürfte der Anteil noch etwas höher sein. Denn 10 bis 15 Prozent des Lidl-Sortiments sind gemäss neusten Schätzungen von GfK Switzerland Non-Food und damit vornehmlich ausländische Ware.
An die Werte der Konkurrenz kommt Lidl damit zwar nicht heran, sowohl Coop als auch Migros geben an, dass 75 Prozent des Lebensmittel-Umsatzes aus Schweizer Produktion stammen. Aber: Der Anteil Schweizer Produkte dürfte heute beim deutschen Discounter deutlich höher sein als beim Markteintritt.
Die zunehmende Swissness will Lidl in der Expansion zu Geld machen. «ECO» hat Expansionschef Marco Landolt ins Welschland begleitet. Auf einer grünen Wiese in Sion, die Lidl bereits gekauft hat, soll in einem Jahr eine weitere Filiale stehen. Dazu braucht es noch eine Baubewilligung, aber auch viel Kommunikation. «Die Gemeinde will eine Wertschöpfung, da müssen wir aufzeigen, dass wir bis zu 35 Arbeitsplätze bringen. Eine Gemeinde interessiert auch, dass wir das lokale Gewerbe berücksichtigen, dass wir 5 bis 6 Millionen Franken in die lokale Wirtschaft investieren», sagt Landolt.
«Wettrennen um den letzten Quadratmeter»
Die 102 Filialen in der Schweiz sind die Hälfte jener 200, von denen beim Markteintritt die Rede war. Lidl selbst äussert sich nicht zur angepeilten Anzahl Filialen. 2011 schrieb der «Tages-Anzeiger», Lidl sei weit entfernt von den selbst gesetzten Zielen, friere die Kosten ein und unterstelle die Schweiz-Expansion gar einer generellen Prüfung. Solche Pläne dürften mit dem neuen, 80 Millionen Franken teuren Verteilzentrum in Sévaz vom Tisch sein, so sie denn je bestanden.
Dass die Expansion in der teuren Schweiz aber Zeit braucht, räumt auch Marco Landolt ein: «Es ist ein Wettrennen um den letzten Quadratmeter, und da sind wir nicht die Einzigen. Da wird von links bis rechts geboten, und es kommt auch manchmal vor, dass wir einen Standort nicht machen können, weil er einfach zu teuer ist». Dass sich die Deutschen in diesem Wettrennen durchaus behaupten, zeigen die jüngsten Zahlen des Marktforschungs-Instituts GfK: Diesen zufolge hat Lidl letztes Jahr im stagnierenden Schweizer Markt den Umsatz um fast 10 Prozent auf geschätzte 800 Millionen Franken gesteigert.