Die Zeit der tiefen Zinsen hält weiter an. Das ist ganz besonders für institutionelle Anleger schwierig. Zum Beispiel für Pensionskassen: Sie müssen die Ersparnisse ihrer Kunden möglichst sicher anlegen – und sollten doch mit diesen Anlagen Geld verdienen.
Aber mit sicheren Staatsanleihen können die Kassen kaum Rendite erwirtschaften – sie müssen zum Teil sogar Negativzinsen in Kauf nehmen. Wie aber lässt sich heute mit Obligationen überhaupt noch Geld verdienen?
Mehr Mut zum Risiko!
Die Versuchung ist gross, sich dem Sirenengesang hinzugeben, der am Anleihenmarkt immer lauter zu hören ist: Wer gemäss Firmenrichtlinien einen Teil seines Kapitals in Obligationen investieren muss, solle auch mehr Risiko eingehen. Denn es gebe durchaus Staatsanleihen, die gute Renditen versprächen.
Allerdings zum Preis, dass diese von Staaten stammen, deren Finanzlage eher unsicher ist. Was zur Folge haben kann, dass das investierte Geld verloren geht. Glaubt man René Hermann, der für die Firma Independent Credit View die Zahlungsfähigkeit von Ländern untersucht, ist aber jetzt doch die Zeit für etwas mehr Mut gekommen.
Peru oder Russland – vielleicht aber auch Korea
Ein Engagement könne sich lohnen, «wenn der Anleger sich mit einer vertieften Analyse der politischen Begebenheiten, aber auch mit den Fiskalzahlen und der Dynamik demografischer Probleme auseinandersetzt – und so ganz sorgfältig und breit abgestützt einen Anlageentscheid fällt.»
Hermann nennt zwei Beispiele von Staaten, die einem nicht als erstes in den Sinn kommen, wenn man an sichere Anleihen denkt. «Für risikobewusste Anleger denken wir an Staatsanleihen von Peru, aber auch von Russland. Beide Länder profitieren von einer Erholung der Rohstoffpreise.» Perus Wirtschaft sei stark gewachsen, und das Land habe seine Finanzen ziemlich gut im Griff.
Institutionelle Anleger, die nicht ganz so risikofreudig sind, aber doch mehr Rendite erzielen wollen, könnten derweil in Anleihen von Staaten investieren, die sich nach einer grossen Krise wieder gefangen haben, meint Peter Jeggli von der Fisch Asset Management AG. «Irland, ganz grosse Krise, aber auch ganz grosse Reformen, Island, dasselbe oder in Asien fällt mir Korea ein – ein Land, das die Staatsfinanzen im Griff hat.»
Hände weg von Neulingen
Vor Staaten, die erst kürzlich auf dem Kapitalmarkt aufgetaucht sind, wie beispielsweise die Mongolei, warnen beide Experten. Da sei zu viel Risiko im Spiel, wie etwa Fall Kasachstan zeige, erklärt René Hermann.
Investoren hätten sich bei Anleihen der dortigen Eisenbahn blutige Finger geholt. «Die Rendite war sehr attraktiv, auf der Suche nach Rendite haben sehr viele institutionelle Investoren diese Anleihen gekauft. Später hat sich – mit der Verwundbarkeit Kasachstan was den Ölpreis angeht, aber auch mit der politischen Konstellation – herausgestellt, dass da sehr viele Risiken schlummern, die man beim Kauf vielleicht ausgeblendet hat.
Ohnehin betonen beide Experte, dass ein beschränktes Engagement in risikoreichere Staatsanlagen nur dann ratsam sei, wenn eine Pensionskasse über ein breit abgestütztes Portefeuille verfüge. Eines, das auf derzeit wenig lukrativen, aber dafür sicheren Staatsanleihen basiere – wie auf Staatsanleihen aus der Schweiz.
Drei Sektoren, überschaubares Risiko
Einig sind sich die beiden Experten auch, wenn es um eine Alternative geht, über die zuletzt weniger gesprochen wurde: die Unternehmensanleihen. Viele Firmen suchten vermehrt privates Fremdkapital, um zum Beispiel grössere Übernahmen zu stemmen und seien bereit, dafür einen guten Zins zu zahlen. Allerdings müsse man auch hier sehr selektiv vorgehen, meint Peter Jeggli.
«Es sind Nahrungsmittelkonzerne, Telekommunikationsfirmen und Gesundheitsunternehmen. Das sind die drei Sektoren, in denen man ein überschaubares Risiko-Rendite-Verhältnis vorfindet.»
Was sowohl Jeggli als auch Hermann besonders herausstreichen: Für institutionelle Anleger mag dieses Vorgehen interessant sein. Für Privatanleger mit kleinerem Budget sei ein risikoreicheres Engagement am Anleihenmarkt aber gefährlich.