Novartis-Konzernchef Joe Jimenez gibt sich kämpferisch. Die Behauptung, man habe Ärzten und Apotheken Rabatte gegeben oder sie gar dafür bezahlt, damit diese Novartis-Medikamente verschrieben hätten, sei falsch.
Es sei Novartis immer um das Wohl der Patientinnen und Patienten gegangen. Die Rabatte hätten es den Apotheken erlaubt, Krankenschwestern anzustellen. Diese konnten sich dann zum Beispiel um Menschen kümmern, die sich nach einer Nierentransplantation auf das neue Leben einstellen mussten.
Wir sind ganz anderer Ansicht und gehen vor Gericht. Es geht um die Patientensicherheit und die Therapietreue von Medikamenten.
Novartis ist deshalb entschlossen, sich vor Gericht zu wehren. Kommt dazu, Joe Jimenez glaubt, der Kampf sei wichtig für die ganze Branche: Denn wenn Pharma-Firmen nicht Begleitprogramme finanzieren würden, damit Patienten ihre Medikamente sinnvoll anwenden könnten, dann würden die Gesundheitskosten nur noch mehr ansteigen. Denn Fehlbehandlungen könnten zu hohen Folgekosten führen.
Verbreitete Praxis nicht mehr toleriert
Was Novartis vorgeworfen werde, sei noch bis vor kurzem bei den meisten Pharmafirmen gang und gäbe gewesen, erklärt Michael Nawrath, Pharma-Analyst bei der Zürcher Kantonalbank. Doch heute seien solche Praktiken verpönt. Der Kampf von Novartis werde deshalb nicht einfach: «Die Aufsichtsbehörden sind so streng geworden, dass so etwas jetzt wirklich mit Macht verfolgt wird.»
3,4 Milliarden Dollar Schadenersatz und Busse soll Novartis zahlen, verlangen die Ankläger in New York. Das ist viel Geld. Trotzdem sind die meisten Branchen-Beobachter überzeugt, ein Kampf lohne sich für Novartis nicht.
Novartis hat viel zu verlieren
Eine rasche aussergerichtliche Einigung sei besser, selbst wenn damit eine Strafzahlung in Milliardenhöhe verbunden sei. Denn die Gefahr sei zu gross, dass das Image des Pharmariesen leide. Im Extremfall könnten sogar gewisse Zulassungen in den USA in Gefahr geraten.
Keine Pharma-Firma kann sich längerfristig Probleme mit den USA leisten.
Keine Pharma-Firma könne sich längerfristig Probleme mit den USA leisten, unterstreicht Birgit Kulhoff, Pharmaspezialistin bei der Privatbank Rahn und Bodmer: «Der US-Markt ist mit Abstand der wichtigste Markt auch für die neuen Produkte, die Novartis in diesem Jahr noch lancieren will.»
Ein schwieriger Gegner
Novartis betont heute zwar, man werde kämpfen. Aber die Hintertüre einer aussergerichtlichen Einigung lässt Jimenez bewusst offen. Man müsse immer genau schauen, wie sich eine Verhandlung entwickle.
Klar ist aber: Wehrt sich Novartis, wird der Kampf schwierig. Denn der New Yorker Staatsanwalt Preet Bharara, der den Fall betreut, gilt als harter Gegner. In der Vergangenheit ging er auch schon gerne gegen Schweizer Banken vor und hat zum Beispiel die Bank Wegelin zu Fall gebracht.
Jimenez weiss das, gibt sich aber gelassen: Sicher werde es nicht einfach gegen Bharara: «Aber manchmal täuscht auch er sich, und das trifft im aktuellen Fall zu.» Wer Recht hat, wird sich schon bald zeigen. Der Gerichtstermin ist auf den November angesetzt. Falls man sich nicht doch schon vorher irgendwie noch einigt.