Es war eine Revolution: 1998 kam Viagra auf den Markt. Erstmals gab es ein Potenzmittel, dass Männern mit Erektionsstörungen zuverlässig half. Reiner Zufall eigentlich. Denn entdeckt wurde der Wirkstoff Sildenafil bei Forschungen für ein Herzmedikament. Dabei fiel die potenzfördernde Nebenwirkung auf.
Pfizer hat sich das Patent auf den Wirkstoff Sildenafil gesichert. Der Konzern erhielt so das Recht, den Wirkstoff während mehrerer Jahre exklusiv zu vertreiben. Alleine im letzten Jahr verdiente die Firma mit Viagra zwei Milliarden Dollar. Doch nun läuft das Patent aus. Damit dürften auch die goldenen Zeiten für Pfizer ein Ende haben.
Die Preise werden massiv sinken
Ab dem 22. Juni dürfen andere Hersteller Nachahmer-Präparate verkaufen. Die Konkurrenz steht schon in den Startlöchern, sagt Peter Huber, Geschäftsführer des Branchenverbands Intergenerika, zu SRF: «Am Samstag werden vermutlich acht Firmen ihre Produkte auf den Markt bringen.» Die Generika seien bereits zugelassen und produziert, so Huber. «Es ist davon auszugehen, dass sie der Patient am Samstag in der Apotheke erhält.» Allerdings wird auch weiterhin ein Rezept nötig sein, um an die Pillen zu kommen.
Dies wird grosse Auswirkungen auf den Preis haben. Derzeit kostet eine einzelne Viagra-Pille rund 20 Franken. Huber rechnet damit, dass dieser Betrag um bis 60 Prozent sinken wird. Der Preisdruck bei der Erektionspille ist nämlich besonders gross: Zwar ist sie verschreibungspflichtig, doch muss der Patient für Viagra & Co. selber zahlen – Krankenkassen übernehmen keine Kosten. Der Preis wird damit zum zentralen Verkaufsargument.
Nicht nur wegen des erwarteten Preiskampfes wird Viagra für die Nachahmer kaum zur Goldgrube: Die Schweiz ist ein vergleichsweise kleiner Markt. Laut Huber hat Pfizer mit Viagra hierzulande jährlich rund 15 Millionen Franken verdient – wenig im Vergleich mit anderen Medikamenten. Ein Teil dieses Geschäfts wird auch mit der Zulassung von Generika beim Erfinder Pfizer bleiben. Für die Nachahmer bleiben laut Hubers Schätzungen sieben bis acht Millionen Jahresumsatz – aufgeteilt auch acht Firmen. «Das ist ein schöner Zusatzumsatz, aber kein Quantensprung», meint Huber.
Für Pfizer bricht keine Welt zusammen
Der Kampf um den Viagra-Markt hat schon vor einigen Wochen angefangen. Angezettelt hat ihn Pfizer selbst. Der Hersteller hat bereits ein Pseudo-Generikum auf den Markt gebracht. Er verkauft also den Wirkstoff selbst unter anderem Namen und zu günstigeren Preisen. Pfizer ist so bestens auf den Preiskampf vorbereitet.
Für Pfizer wird mit dem Ende des Viagra-Patents ohnehin keine Welt zusammenbrechen. Man habe sich schon lange auf diesen Moment vorbereitet, gibt Pfizer gegenüber SRF zu Protokoll. Zudem verfüge man über eine starke Pipeline mit anderen Produkten.
Viagra ist mit seinen 2 Milliarden Dollar Umsatz nur für einen kleinen Teil des Pfizer-Gesamtumsatzes von 70 Milliarden Dollar verantwortlich, sagt Michael Nawrath. Der ausgebildete Arzt ist Pharma-Analyst bei der Zürcher Kantonalbank. Das Unternehmen hat viele andere, teils deutlich wichtigere Medikamente im Angebot. «Da wird man Pfizer nicht gerecht, wenn man die Firma mit Viagra gleichsetzt», sagt Nawrath.