Der Schweizer Konzern sorgt für die nächste Milliardenübernahme in der weltweiten Pharmabranche. Das Unternehmen kündigte den Kauf der US-Biotechfirma InterMune für 8,3 Milliarden Dollar in bar an. Die Führungsgremien beider Gesellschaften hätten dem Deal zugestimmt.
Gemäss der verbindlichen Vereinbarung der Verwaltungsräte wird spätestens am kommenden Freitag ein Übernahmeangebot starten, um alle ausstehenden Stammaktien des Biotechnologie-Unternehmens InterMune zu erwerben, teilte Roche mit. Die Führung von InterMune werde gleichzeitig in einer Erklärung den Aktionären einstimmig empfehlen, Roche ihre Aktien abzutreten.
Kräftiger Aufschlag
Roche will InterMune in einer reinen Bar-Transaktion zum Preis von 74,00 Dollar pro Aktie übernehmen, was den Gesamtwert von 8,3 Milliarden ergibt. Das Angebot bedeutet einen Aufschlag von 63 Prozent auf den Preis der Aktie am 12. August und einem Aufschlag von 38 Prozent auf den jüngsten Aktienkurs. Dieser war wegen konkreter Übernahmegerüchte in jüngster Zeit kräftig gestiegen.
Die Übernahme des kalifornischen Unternehmens werde es Roche ermöglichen, sein Produktportfolio für Lungenerkrankungen weltweit zu erweitern und zu stärken.
Das Hauptmedikament von InterMune ist Pirfenidon. Es ist in der EU und in Kanada für die Behandlung von idiopathischer Lungenfibrose (IPF) zugelassen. In den USA wird das Medikament derzeit von der Zulassungsbehörde FDA geprüft.
Roche erhoffe sich, dass das Medikament dereinst über eine Milliarde Umsatz erbringe, erklärt SRF-Wirtschaftsredaktorin Marianne Fassbind. Der Preis für den Kauf der Firma InterMune sei zwar hoch, aber es habe verschiedene Pharmaunternehmen gegeben, die sich für das Medikament interessiert hätten.
Hinzu komme, dass die Kassen vieler Pharmafirmen prall gefüllt seien, so Fassbind. Die Entwicklung und Zulassung neuer Medikamente «kostet sehr viel Zeit und auch die Behörden sind strenger geworden.» Von daher sei es einfacher, eine Firma zu übernehmen, die ein Medikament mit Blockbuster-Ambitionen bereits herstellt, so Fassbind.
Medikamentenpreis pro Patient bis zu 47'000 Dollar
InterMune erzielte 2013 aus dem Verkauf von Pirfenidon, das auch unter dem Namen Esbriet vermarktet wird, einen Erlös von 70,3 Millionen Dollar, wie das Unternehmen im vergangenen April bekanntgab. Der Preis für das Medikament liege jährlich pro Patient zwischen 33'000 und 47'000 Dollar, hiess es weiter.
«An InterMune haben uns vor allem die klinischen Testergebnisse der dieses Jahre veröffentlichen Ascend-Studie für Pirfenidon, aber auch aus vorhergehenden Studien überzeugt», sagte Pharma-COO Daniel O'Day am Sonntagabend. IPF sei bisher nicht heilbar. Die mediane Lebenserwartung nach der Diagnose betrage noch zwei bis drei Jahre, so O'Day weiter. Pirfenidon senke gemäss den Studien das Todesfallrisiko im ersten Jahr um fast die Hälfte. An IPF sind in den USA und in Europa je rund 100'000 Menschen erkrankt.
«Wert-generierende Ergänzungsakquisition»
Zudem sei InterMune führend in der Entwicklung von fibrotischen Erkrankungen, hiess es. Die weiteren Produktkandidaten von InterMune befinden sich allerdings noch in präklinischer Entwicklung.
«Dies ist ein gutes Beispiel einer wert-generierenden Ergänzungsakquisition», so das Fazit von CEO Severin Schwan. «Es ist auch für die InterMune-Aktionäre ein attraktives Angebot und wird deshalb auf vom InterMune-Verwaltungsrat unterstützt.»
InterMune ist der grösste Zukauf von Roche seit 2009, als die Schweizer den verbliebenen Anteil am US-Konzern Genentech für rund 47 Milliarden Dollar erwarben.
Weitere Spekulationen
Über weitere Zukäufe wird derzeit spekuliert. Der japanische Pharmakonzern Chugai hatte zuletzt einen Medienbericht zurückgewiesen, wonach Roche für zehn Milliarden Dollar die restlichen Chugai-Anteile übernehmen will. Schwan wollte sich nun nicht dazu äussern.
In der internationalen Pharmaindustrie grassiert derzeit das Fusionsfieber so stark wie nie zuvor. In diesem Jahr gab es nach Daten von Thomson Reuters bislang Transaktionen im Volumen von 346 Milliarden Dollar. Vor einem Jahr waren es bis dato nur 212 Milliarden.