Nach ihrem Jungfernflug im vergangenen Dezember zündet die Deutsche Post DHL bei ihrer Paketdrohne die zweite Stufe. Der «Paketkopter» werde in Kürze zu Forschungszwecken erstmals im Linienbetrieb vom Festland an der Nordseeküste zwölf Kilometer zur Insel Juist fliegen, kündigte der Bonner Konzern am Mittwoch an.
Seit Dezember sei die Drohne speziell für diesen Anwendungsfall weiterentwickelt worden, erklärte Konzernvorstand Jürgen Gerdes. So habe das Forschungsteam etwa Flugdauer, Flugreichweite und Geschwindigkeit optimiert, um die speziellen Herausforderungen wie Wind und Seewetter an der Nordseeküste meistern zu können.
Ohne Sichtkontakt durch den Nebel
Im Rahmen des gemeinsam mit der Technischen Hochschule Aachen und der Microdrones GmbH betriebenen Forschungsprojekts sei es damit zum ersten Mal in Europa möglich, ein unbemanntes Luftfahrzeug ohne direkten Sichtkontakt eines Piloten zu betreiben. Bei seinem offiziell ersten Flug Ende vergangenen Jahres in Bonn musste der «Paketkopter» noch wie ein Modellflugzeug im Auge behalten werden. Nun funktioniert die Steuerung über GPS.
Das Problem sei, dass die Drohne nicht bei jeder Witterung fliegen könne, sagt Journalist Thomas Stahlberg im norddeutschen Oldenburg. Wegen des geringen Gewichts sei ab Sturmstärke 10 Schluss. Es habe bereits einen Flug gegeben, der wegen zu starkem Wind abgebrochen werden musste. Der grosse Vorteil sei aber: «Die Post-Drohne kann im Gegensatz zu einem Flugzeug auch bei Nebel fliegen.»
Dem ersten Linienbetrieb, der den Transport von Medikamenten oder anderen dringend benötigten Gütern zu bestimmten Uhrzeiten vorsieht, ging indes ein umfangreiches Genehmigungsverfahren voraus. Das Bundesministerium für Verkehr und digitale Infrastruktur und die Deutschen Flugsicherung (DFS) mussten ihr Okay geben, ebenso wie die Inselgemeinde Juist, die Stadt Norden und die Nationalparkverwaltung Niedersächsisches Wattenmeer.
Ein Himmel voller Drohnen?
Nicht nur die Deutsche Post tüftelt an der Entwicklung von Drohnen für den zivilen Einsatz. Auch der Online-Händler Amazon entwickelt derzeit kleine Drohnen, die die Ware in einem Radius von etwa 16 Kilometern binnen einer halben Stunde vor die Haustür liefern können.
Die Entwicklung steht aber nach Angaben von Amazon-Chef Jeff Bezos noch am Anfang. Der Start könnte noch vier bis fünf Jahre dauern. Sicherheitstests und die Zulassung der US-Luftfahrtaufsicht stehen noch aus.
Auch das Projekt der Deutschen Post ist noch weit weg von der Marktreife. «Die Post will anhand der Medikamente erstmal testen, ob die Auslieferung per Drohne flugtechnisch überhaupt möglich ist», erklärt Stahlberg. Über Kosten und Wirtschaftlichkeit wolle man sich erst später Gedanken machen. Als Ersatz für den Pöstler sehe er die unbemannten Fluggeräte aber nicht. «Ein Himmel voller Drohnen für die tägliche Postzustellung – wie soll das funktionieren? Die Drohnenzustellung wird in absehbarer eher die Ausnahme sein.»