Das Beratungs- und Prüfungsunternehmen KPMG kann es sich nicht leisten, Frauen und Männer ungleich zu behandeln. Deshalb überprüft eine unabhängige Stelle das Lohnsystem.
«Für uns ist das selbstverständlich, dass wir uns in diesem Bereich korrekt verhalten», erklärt Daniel Sommer, der oberste Personalchef. Es sei auch im Hinblick auf ihre Kunden wichtig. «Wir haben Mandanten, die Lohngleichheit als Bedingung für einen Auftrag stellen.»
Deshalb hat sich KPMG vor gut einem Jahr ein Lohngleichheits-Gütesiegel beschafft. Dazu war ein mehrstufiger Prozess nötig. Zuerst mussten die betriebsinternen Lohndaten aufgearbeitet werden. Unterstützt hat sie dabei ein externer Spezialist für Entlöhnungssysteme. Dieser kennt die Vorgaben, die es braucht, um ein Gütesiegel für Lohngleichheit zu erlangen.
Lohngleichheit als Wettbewerbsvorteil
Als nächstes wurden die Lohndaten an das Zertifizierungsunternehmens SQS übermittelt. Mit einem komplizierten statistischen Verfahren untersuchte dieses dann die Männer- und Frauenlöhne.
Das Ergebnis war positiv, sagt Sommer: «Wir haben gesehen, dass die Situation bei uns sehr gut ist. Einzig im Teilzeitbereich müssen wir einige Änderungen vornehmen.» Die KPMG bestand den Test und erhielt das Zertifikat «fair compensation». Dieses bescheinigt dem Unternehmen, es halte Lohngleichheit ein.
Die Kosten für den externen Berater und für das Zertifizierungsunternehmen veranschlagt Personalchef Sommer auf rund 15'000 Franken. Der Aufwand habe sich gelohnt. «Unsere Mitarbeiter bewerten das positiv und auf dem Markt ist das ein klarer Vorteil.»
Zertifikat geht Gewerkschaften zu wenig weit
Bislang verfügen allerdings erst einige wenige Unternehmen über solche Gleichheitszertifikate, wie sie SQS oder auch die unabhängige Stiftung «equal salary» ausstellen.
Viele scheuen den Aufwand und die Kosten. Aber das Thema interessiere, sagt Daniella Lützelschwab, Lohnspezialistin des Schweizerischen Arbeitgeberverbandes. Sie erhalte ab und zu Anfragen dazu. «Mit einem Gütesiegel zu zeigen, dass man seine Löhne hinterfragt, sollte man zumindest in Betracht ziehen.»
Corinne Schaerer, zuständig für Gleichstellungsthemen bei der Gewerkschaft UNIA, möchte gerne noch einen Schritt weitergehen. Lohnthemen müssten Sozialpartnerschaftlich angegangen werden, fordert die Gewerkschafterin. «Was wir gerne hätten, wäre einen Beweis, dass sie das auch machen. Dazu bräuchte es eine sozialpartnerschaftliche Lösung.»
Nur wenige Arbeitgeber sind allerdings bereit, sich von den Gewerkschaften in die Lohnbücher schauen zu lassen. Die meisten setzen lieber auf Selbstkontrolle. So bleiben nach wie vor viele Unternehmen unentdeckt, die gegen den Verfassungsgrundsatz «gleicher Lohn für gleiche Arbeit» verstossen. Anders ist es nicht zu erklären, dass in der Schweiz Frauen im Durchschnitt immer noch fast 10 Prozent weniger verdienen, nur weil sie Frauen sind.