Das Wichtigste in Kürze:
- Das Stimmgewicht der Sika-Erben wurde beschnitten
- Der gesamte Verwaltungsrat wurde für eine weitere Amtsperiode bestätigt
- Löhne der Verwaltungsräte werden nicht ausgezahlt
- Den unabhängigen Verwaltungsräten wurde die Décharge verweigert
- Eine Dividende von 78 CHF je Inhaber- und 13 CHF je Namenaktie wurde bewilligt
- Jahresbericht, -rechnung und Konzernrechnung wurden genehmigt
- Die Genehmigung für künftige Vergütung des VR und der Geschäftsleitung wurde nicht gewährt
Im Kampf um den Verkauf des Bauchemie-Herstellers Sika haben die Erben des Firmengründers Kaspar Winkler an der Generalversammlung in Baar (ZG) erneut das Nachsehen: Sika-Präsident Paul Hälg erklärte vor den Aktionären, der Verwaltungsrat habe nach erneuter eingehender Prüfung entschieden, die Stimmrechte der Namenaktien der Familienholding zu beschränken.
Bei vier zentralen Abstimmungen zurückgebunden
Nicht mit ihrer vollen Stimmkraft abstimmen kann die Familie bei der Wiederwahl der unabhängigen Verwaltungsräte sowie bei der von der Familienholding beantragten Neuwahl von Jacques Bischoff in den Verwaltungsrat. Auch bei der Wahl des Verwaltungsratspräsidenten und bei den Wahlen in den Nominierungs- und Vergütungsausschuss werden die Stimmrechte der Familie gekappt.
Dass der Verwaltungsrat erneut so vorgehen würde, war erwartet worden. Er hatte dies bereits an den beiden vorherigen Generalversammlungen getan. Und es ist der einzige Weg für den Verwaltungsrat, die für die Übernahme wichtigen Abstimmungen nicht zu verlieren.
Nur die Erben würden profitieren
Hälg legte in einer langen Rede erneut dar, weshalb sich die unabhängigen Verwaltungsräte und das Management gegen die Übernahme der Kontrollmehrheit an Sika durch Saint-Gobain wehren. Es gebe bisher keine Garantien für die Stellen bei Sika. Hälg bestritt zudem, dass sich bei einer Übernahme die von Saint-Gobain angepriesenen Synergien ergeben würden.
Diese Transaktion bereichere lediglich die Burkard-Erben und gebe der Saint-Gobain die Kontrolle über Sika, die diese sicher zu ihrem Vorteil ausnutzen werde.
«Mitarbeiter sind speziell motiviert»
Im Interview mit SRF sagte Hälg, die schwierige Situation wegen der drohenden Übernahme schweisse die Mitarbeiter zusammen und treibe sie zu Höchstleistungen an: «Sie wollen alle zeigen, dass Sika keine Saint-Gobain braucht.»
Das Urteil des Zuger Kantonsgerichts zum Übernahmestreit erwartet der VR-Präsident «irgendwann im zweiten Halbjahr», wie er weiter ausführte. Was Sika im Fall einer Niederlage tun will, liess Hälg offen. Er wollte auch nicht sagen, ob der Verwaltungsrat das Urteil weiterziehen würde.
Keine Vergütung für Verwaltungsrat
Für seine Arbeit seit der letzten Generalversammlung erhält der Verwaltungsrat keinen Lohn. Die Aktionäre lehnten die Auszahlung der Löhne mit rund 66,46 Prozent Nein-Stimmen ab. Zudem lehnten sie die künftige Vergütung des Verwaltungsrates ab. Dass die Vergütung abgelehnt wurde, lag daran, dass bei dieser Abstimmung die Stimmkraft der Erbenfamilie nicht beschränkt wurde.
Sika-Verwaltungsratspräsident Paul Hälg sprach von einem «reinen Abstrafen der unabhängigen Verwaltungsratsmitglieder». Die Erben würden mit der Verweigerung der Vergütung ihr wahres Gesicht zeigen. Geleistete Arbeit nicht zu entschädigen, sei schlicht nicht akzeptabel.
Décharge verweigert
Erwartungsgemäss haben die Erben des Sika-Gründers den fünf unabhängigen Verwaltungsräten sowie dem ebenfalls unabhängigen VR-Präsident Paul Hälg zudem die Entlastung verweigert. Bei diesem Traktandum konnte die Familie Burkard ebenfalls mit ihrer vollen Stimmkraft mittun.
Den «widerspenstigen» VR-Mitgliedern wurde die Décharge mit jeweils 80 Prozent Nein-Stimmen verweigert. Den drei Vertretern der Erben wurde dagegen die Entlastung für das Geschäftsjahr mit rund 78 Prozent Ja-Stimmen erteilt.
Dank und viel Applaus für unabhängige Verwaltungsräte
Sika-Konzernchef Jan Jenisch bedankte sich an der Generalversammlung bei den unabhängigen Verwaltungsräten, die sich gegen eine Übernahme der Kontrollmehrheit durch Saint-Gobain wehren. Die Verwaltungsräte ernteten stehenden Applaus aus dem Publikum.
Er werde vielfach gefragt, wie Sika solch gute Resultate erzielen könne in der derzeit schwierigen Situation, sagte Jenisch. Dies liege an den beiden Stützen des Unternehmens: Den Mitarbeitenden und den sechs unabhängigen Verwaltungsräten. «Seit einem Jahr werdet ihr ja für eure Arbeit nicht mehr bezahlt», richtete sich Jenisch an die Verwaltungsräte. Es verstehe nicht, weshalb die Verwaltungsräte derart attackiert würden.
Erben bisher wenig erfolgreich
Dass die Verwaltungsräte derzeit gratis arbeiten, liegt daran, dass die Aktionäre deren Vergütung an der Generalversammlung im April vor einem Jahr abgelehnt hatten. An der folgenden ausserordentlichen Generalversammlung im Juli bestätigten sie dieses Verdikt.
Das Nein zu den Vergütungen war einer der wenigen Erfolge, den die Erbenfamilie an den vergangenen Generalversammlungen erzielen konnte.