Diese Woche erklärte Präsident Barack Obama die amerikanische Wirtschaftskrise für beendet. Alle Daten würden in die richtige Richtung deuten, sagte er in einer Rede an die Nation: robustes Wirtschaftswachstum etwa, steigende Unternehmensgewinne, tiefere Energiepreise oder weniger Arbeitslose. Doch viele Amerikanerinnen und Amerikaner bleiben skeptisch – vielleicht auch, weil vom Aufschwung nicht alle profitieren.
Diese Ansicht teilt John Tapogna, Ökonom von der Beratungsfirma Econorthwest in Oregon. Er stellt fest, dass nicht alle Regionen in den USA gleich stark vom Aufschwung profitieren. «Der Boom findet vor allem dort statt, wo die Hightech-Firmen sind, die Finanzindustrie oder das Militär respektive die Bundesregierung im Allgemeinen.»
Stagnierende Löhne sorgen für Skepsis
Die Gegend um die Hauptstadt Washington D.C. hat somit gar nie eine Krise erlebt. Im kalifornischen Silicon-Valley oder im Finanzzentrum New York läuft alles wieder rund. Auch dem Industrie- und Energie-Sektor geht es wieder gut. Das wirkt sich auch auf die Löhne aus: Sie steigen – aber nur in diesen Gegenden. «Im Rest der USA sind die Löhne in den letzten 10 Jahren gleich geblieben», sagt Tapogna.
Die stagnierenden Löhne sind der Hauptgrund für die anhaltende Skepsis der Amerikaner. Das glaubt zumindest Dean Baker vom progressiven Center for Economic Policy Research.
Neue Jobs mit schlechten Löhnen
Für die Mittelklasse sei der Lohn die wichtigste Einnahmequelle. «Das soziale Sicherheitsnetz ist nicht so eng gespannt wie in Europa. Stagnierende Löhne bedeuten, dass es viele Leute weiterhin schwer haben», sagt Baker.
Auch die sinkende Arbeitslosenquote hat keine Verbesserung gebracht. Die Quote hat sich zwar seit der Krise auf noch 5,6 Prozent halbiert, und allein im letzten Jahr entstanden drei Millionen neue Arbeitsplätze, so viele wie seit 1999 nicht mehr. Doch eine Mehrheit der neuen Stellen ist schlecht bezahlt.
Trotzdem: Die amerikanische Wirtschaft ist zurück. Bis diese Tatsache jedoch in den Köpfen und Lohntüten der Amerikaner auch wirklich ankommt, braucht es mehr als eine Rede Obamas an die Nation.