Eigentlich wollte Beat Zenklusen, der Direktor der Bergbahnen im Bündnerischen Brigels, im letzten Winter am 1. Dezember in die Saison starten. Es kam anders. Erst am Stephanstag konnte er die Lifte wenigstens zum Teil laufen lassen. «Wenn Sie an 26 Tage keinen einzigen Franken Umsatz generieren können, betrifft das nicht nur die Bahnen, sondern auch die Gastronomiebetriebe», sagt Zenklusen.
Ist der Staat für den Verlust zuständig?
Um mehr als 70 Prozent sei der Umsatz im letzten Dezember eingebrochen, berichtet er. Fehlende Gäste auf der einen, Angestellte, die bezahlt werden müssen, auf der andern Seite.
Dieses Ungleichgewicht wollte Bergbahndirektor Zenklusen vom Staat ausgeglichen haben. Er meldete für seinen Betrieb Kurzarbeit an. Er erfüllte die Kriterien, als einer der wenigen in der Branche. Die Entschädigung sei allerdings äusserst spärlich ausgefallen, sagt Zenklusen. Bei Lohnkosten von mehr als 350'000 Franken im Monat habe es weniger einen Zehntel davon gegeben. Viel zu klein sei die Entschädigung, klagt er, die Hürden seien zudem viel zu hoch.
Bis ein Tourismusbetrieb wegen Schneemangels entschädigt wird, muss eine wichtige Bedingung erfüllt sein: Der Umsatz muss um mehr als 75 Prozent eingebrochen sein. Und es gilt eine Karenzfrist: Die ersten 14 Tage an denen das Geschäft nicht läuft, werden nicht entschädigt, das Risiko tragen die Betriebe alleine.
Diese Regelung finden nicht nur viele Touristiker untauglich, Verbündete finden sie auch beim Bündner Volkswirtschaftsdepartement. Allen voran bei BDP Regierungsrat Jon Domenic Parolini. «Wir sind der Meinung, dass die gesetzliche Regelung zu restriktiv formuliert ist und dass man da ansetzen müsste», sagt er. Ansetzen heisst, der Bündner Regierungsrat will seine Amtskollegen in andern Bergkantonen hinter sich scharen, um in Bern zu intervenieren. Nötigenfalls werde man beim Bundesrat vorstellig, sagt Parolini.
Verluste werden sozialisert, Gewinne bleiben privat
Der Ruf nach weniger hohen Hürden für Kurzarbeitsentschädigung löst bei Wirtschaftsprofessor Reiner Eichenberger von der Uni Freiburg Kopfschütteln aus. Hier wolle man ein Risiko auf die Allgemeinheit, also den Steuerzahler abwälzen. Gesamtvolkswirtschaftlich sei diese Forderung deshalb schlecht, obwohl es für die Bündner Bergbahnen gut wäre. «Allerdings werden so einfach Verluste sozialisiert. Die entsprechenden Gewinne – bei gutem Wetter und viel Schnee fallen grosse Gewinne an – sind aber dann privat für die Bergbahnen.»
Wenn es dem Kanton derart wichtig sei, könne Graubünden ja eine eigene Schneemangelversicherung ins Leben rufen, sagt Eichenberger. «Der Kanton kann diese Risiken sehr wohl zwischen den Bergbahnen umverteilen. Ich bin überzeugt: Wenn der Kanton Graubünden dafür bezahlen müsste, dann würde die Forderung nicht mehr erhoben.» Erhoben werde sie nur, wenn Bern dafür bezahlen müsse.
Parlament wollte schlechtes Wetter nicht versichern
Beim Staatssekretariat für Wirtschaft ist Oliver Schärli zuständig für den Bereich Kurzarbeitsentschädigung. Der Leiter Arbeitsmarkt und Arbeitslosenversicherung beim Seco kennt die Anliegen der Bergtourismusbranche.
Allerdings sei von Beginn weg eine restriktive Regelung von der Politik gewollt gewesen. Entschädigt werden sollten nur Härtefälle. Als das Instrument Anfang der 1990er Jahre installiert wurde, hätte das Parlament ein typisches Branchenrisiko – das schlechte Wetter – nicht versichern wollen. Dennoch zeigt Schärli Verständnis für die Forderung aus den Bergkantonen. «Es ist fast nicht möglich, hier durch die Arbeitslosenversicherung entschädigt zu werden.»
Das Thema wurde früher schon einmal diskutiert – bei der letzten Revision des Arbeitslosenversicherungsgesetzes, erinnert sich Schärli. Allerdings sei eine Lockerung der Regeln damals bereits in der zuständigen Kommission des Ständerates gescheitert.