Vor einem Monat musste man 1.21 Franken für 1 Euro bezahlen, heute genügt schon gut 1.20 Franken. Dabei müsste die Kursbewegung genau in die andere Richtung gehen, sagt UBS-Währungsexperte Thomas Flury. Ein «fairer» Euro-Kurs müsste eigentlich bei 1.30 Franken liegen, ist er überzeugt.
EZB möchte schwächeren Euro
Die Europäische Zentralbank EZB unternimmt derzeit alles, um den Euro zu schwächen. Ein schwacher Euro soll die Exportchancen verbessern und so die Konjunktur in der Eurozone anschieben. Zusätzlich unter Aufwertungsdruck gerät der Franken wegen geopolitischen Unsicherheiten wie der Ukraine-Krise. Vermehrt verschieben Anleger deshalb ihr Geld in diesen Tagen in den sicheren Franken.
Sollte sich die Situation auf dem Devisenmarkt weiter zuspitzen, müsste die Nationalbank eingreifen, um die Euro-Untergrenze zu halten. «Die Nationalbank wird die Grenze von 1.20 Franken mit Sicherheit verteidigen», sagt Wirtschafts-Professor Yvan Lengwiler von der Universität Basel.
Die SNB müsste also erneut in grossem Stil Euro kaufen. Allerdings bezweifelt UBS-Währungsexperte Flury, dass es soweit kommt. Er gehe davon aus, dass sich die Spannung noch in diesem Monat lösen werde. «Wir hoffen, dass das geht, ohne dass die Nationalbank eingreifen muss.» Gehen soll das, indem die Anleger von sich aus dem Franken den Rücken kehren und sich anderen Währungen zuwenden. Das ist die kurzfristige Sicht.
Franken ist traditionell eine starke Währung
Langfristig steigt der Wert des Frankens aber kontinuierlich gegenüber anderen Währungen. Die Frankenstärke zeichne sich seit Jahrzehnten ab, sagt Wirtschaftsprofessor Dirk Niepelt von der Universität Bern. «Sie liegt darin begründet, dass sich die die Preisentwicklung im Franken-Bereich anders entwickelt als im Euro-Bereich.»
Die Schweizerische Nationalbank lässt üblicherweise weniger Inflation zu als andere Notenbanken. Der Franken behält also seinen Wert, während andere Währungen gegenüber dem Franken tendenziell an Wert verlieren. Der Franken ist und bleibt deshalb grundsätzlich attraktiv für Anleger. Deshalb dürfte auch die Euro-Untergrenze von 1.20 Franken langfristig keinen Bestand haben.
Wann steigt die SNB aus?
Der Ausstieg aber sei knifflig, sagt Dirk Niepelt. Vor allem wenn ein solcher unter Beobachtung der Martktteilnehmer geschehe, welche den Schritt erwarten würden. Wann dieser Moment kommt, ist schwierig vorherzusagen. Vorerst jedenfalls nicht, sagt auch der Basler Lengwiler.
Zum jetzigen Zeitpunkt könnte das verheerende Folgen haben. «Wir müssten davon ausgehen, dass der Franken plötzlich sehr stark würde – wie damals vor drei Jahren», betont er. Dies werde die Nationalbank nicht zulassen. Sie könnte dann allenfalls mit Negativ-Zinsen den Franken für Investoren kurzfristig weniger attraktiv machen.
Dessen sollten sich auch jene Spekulanten bewusst sein, welche die SNB testen und ausloten, wie weit sie geht. Dies geschieht offenbar gerade jetzt, vor der Abstimmung über die Goldinitiative, verstärkt. Denn der Verfassungsartikel würde die Handlungsfähigkeit der Nationalbank einschränken. So wird denn auch vermutet, dass solche Spekulanten am Werk sein könnten und damit am steigenden Franken-Kurs nicht unschuldig wären.