Der Industriekonzern Sulzer galt einst als Vorzeige-Unternehmen in Winterthur. Nun schliesst er dort aber auch sein letztes Produktionswerk, 90 Stellen gehen dadurch verloren. «Das ist ein trauriger Tag für Sulzer. Schliesslich ist Winterthur das Herz von Sulzer», zeigt sich Greg Poux-Guillaume, Konzernchef von Sulzer, betroffen.
Aufstieg zum globalen Industrie-Giganten
Tatsächlich ist Winterthur der Ort, an dem die lange Geschichte des Schweizer Traditionsunternehmens beginnt. Bereits im April 1834 bauen die Brüder Johann Jakob und Salomon Sulzer eine Eisengiesserei. Sie bildet das Fundament einer langen Erfolgsgeschichte.
Denn nur wenige Jahrzehnte später, 1867 an der Pariser Weltausstellung, gelingt dem Winterthurer Familienunternehmen mit der Dampfmaschiene der internationale Durchbruch. Um die Jahrtausendwende beschäftigt Sulzer bereits über 3000 Mitarbeiter, und betreibt weltweit Verkaufsstandorte in Städten wie Paris, Mailand, London, Bukarest, Moskau, London, oder sogar im fernen japanischen Kobe.
In den kommenden Jahrzehten baut Sulzer seine Geschäftsfelder massiv aus. Neben den Dampfmaschinen stellt das Unternehmen Dieslemotoren für Hochseeschiffe, Grossturbinen und Kühlanlagen her. Zudem übernimmt Sulzer mehrere Schweizer Traditionsfirmen, in den 1960er-Jahren etwa die Schweizerische Lokomotiv- und Maschinenfabrik (SLM) und den Industriekonzern Escher-Wyss.
In der Folge steigen die Mitarbeiterzahlen der Winterthurer stark an. Der Höhepunkt in den 1970er-Jahren: Allein in Winterthur beschäftigt Sulzer zu den besten Zeiten rund 14'000 Mitarbeiter. Weltweit sind es rund 38'000 Mitarbeiter.
Niedergang eines Produktionsstandorts
Doch mit der Ölkrise in den 1970er-Jahren gehen die goldnenen Jahre von Sulzer zu Ende. Die sinkende weltweite Nachfrage nach den Produkten von Sulzer veranlasst das Unternehmen im Jahr 1982, auf das Geschäft mit Webmaschinen umzusatteln. Dieser Schritt kann allerdings nicht verhindern, dass Sulzer zum 150-Jahre-Jubliäum erstmals seit langem rote Zahlen schreibt.
Die Wende soll nun die Medizinaltechnik bringen, also das Geschäft mit Hüftgelenken und Herzschrittmachern. Doch auch mit dieser Strategie kann Sulzer das Steuer nicht herumreissen. In der Folge trennt sich der Konzern von einem Grossteil seiner industriellen Aktivitäten. Erst wird die Giesserei geschlossen, dann die Sparte Schiffmotoren verkauft und schliesslich das Geschäft mit den Lokomitiven abgestossen.
Für den Standort Winterthur bleibt dieser Abbau nicht ohne Folgen. Ende 2015 beschäftigt Sulzer in Winterthur gerade mal noch 539 Mitarbeiter.
«Winterthur wird das Herz von Sulzer bleiben»
Die Talfahrt ist damit allerdings noch nicht zu Ende. Denn mit der Fabrik in Oberwinterthur, die nun geschlossen wird, verschwinden auch noch die letzten Industrie-Arbeitsplätze von Sulzer aus der Stadt.
Von einem Aus von Sulzer in Winterthur will Konzernchef Greg Poux-Guillaume allerdings nichts wissen: «Winterthur wird das Herz von Sulzer bleiben», beteuert er. Heute arbeiten noch rund 250 Menschen in Sulzer-Hochhaus, einst Symbol der Grösse und während dreissig Jahren höchstes Gebäude der Schweiz.