Gentechnik – Nein, danke! So denken hierzulande die meisten. Gentechnisch veränderte Produkte sind für viele etwas Bedrohliches, vor dem es sich zu schützen gilt. 2005 sagte das Stimmvolk darum mit 55,7 Prozent Ja zu einem Moratorium. Es verbietet bis November 2017 den Anbau von gentechnisch veränderten Pflanzen in der Schweiz.
Nach aktueller Gesetzgebung dürfen zudem nur wenige, klar deklarierte genmanipulierte Mais- und Sojasorten importiert werden. Bei den Lebensmitteln gelten also strenge Regeln bezüglich Bewilligung und Transparenz.
Baumwolle aus genmanipulierten Pflanzen
Ganz anders sieht es bei den Kleidern aus, die wir tragen. Im Ausland produzierte Jeans, T-Shirts und Socken bestehen meist aus Baumwolle. Und schätzungsweise 3/4 der weltweit angebauten Baumwolle ist gentechnisch verändert. Davon erfahren die Konsumenten beim Kauf nichts, denn es gibt auf den Kleidern keine klare Deklaration.
«Bei Baumwoll-Kleidern ‹made in USA› oder ‹made in India› handelt es sich zu 95 Prozent um gentechnisch manipulierte Produkte», sagt Paul Scherer, Geschäftsleiter der Organisation Schweizer Allianz Gentechfrei.
Scherer ist realistisch: «Eine Deklarationspflicht auf den T-Shirt-Etiketten lässt sich nicht durchsetzen.» Die Konsumenten könnten aber bewusst Kleider mit dem Bio-Label kaufen. Diese seien garantiert gentechfrei und erfüllten noch weitere soziale und umweltfreundliche Standards. Heute trägt jedoch lediglich ein Prozent aller Kleider das Bio-Label, was auch mit der Nachfrage zu tun hat.
Auch Pharma-Branche setzt auf Gentechnik
Aber nicht nur in Kleidern steckt Gentechnik, zunehmend auch in Medikamenten. Laut der Zulassungs- und Kontrollbehörde Swissmedic gibt es bereits 205 Arzneimittel, bei deren Herstellung Gentechnik zum Einsatz kommt. Zu ihnen zählen bekannte Krebs-Medikamente oder Vitamin-Präparate.
Der gentechnik-kritische Verein Biorespect hat 2014 zudem 50 Medikamente ausgemacht, die nicht nur mit Hilfe gentechnisch veränderter Organismen hergestellt werden. Sie enthalten auch im Endprodukt gentechnisch veränderte Bestandteile von Nutzpflanzen, etwa Maisstärke. Wer eine solche Pille schluckt, «isst» quasi gentechnisch manipulierte Stoffe.
Biorespect-Geschäftsführerin Pascale Steck sagt: «Diese Information ist irgendwo in der Packungsbeilage versteckt. Der Patient ist oft ahnungslos.»
Urs Schneeberger vom Bundesamt für Gesundheit entgegnet: Die betroffenen Medikamente seien klar deklariert. Zudem würden sie einer umfassenden Sicherheitsprüfung unterzogen bevor sie zugelassen würden. «Anders als bei Lebensmitteln gibt es bei Medikamenten keine gesetzliche Grundlage, die den Einsatz von Gentechnik verbieten würde.»
Blick in die Zukunft
Wie aktuelle Zahlen von Swissmedic zeigen, werden immer mehr Medikamente mit Hilfe von Gentechnik hergestellt. Das werde so weitergehen, sagt Pascal Biber von der SRF-Wissenschaftsredaktion. «Neue Gentechnik-Methoden verbessern die Aussicht darauf, auch direkt im Erbgut von Patienten gezielt Krankheiten bekämpfen zu können. Darauf ruhen in der Medizin grosse Hoffnungen.»
Auch in der Landwirtschaft werde die Gentechnik eher zu- als abnehmen, selbst wenn zahlreiche Projekte auf das Gegenteil hinarbeiteten. Gerade läuft in der Schweiz die Diskussion, ob gewisse Züchtungsarten mittels Gentechnik trotz Moratorium erlaubt werden sollen, weil im Endprodukt keine Unterschiede mehr zwischen Gentech-Pflanze und herkömmlich gezüchteter Pflanze zu erkennen sind. Anders als bei den Medikamenten dürften bei der Landwirtschaft die Schweizer Bevölkerung skeptisch bleiben.