Im Schatten des Mailänder Doms hatte Howard Schultz vor 30 Jahren eine Idee. Er wollte guten Kaffee in die USA bringen. Seiner Idee gab er den Namen Starbucks und sie war ein voller Erfolg. Heute gibt es in den USA 11‘000 Filialen, 23‘000 sind es weltweit. Und die Tendenz ist steigend.
Pate gestanden haben der Idee Mailänder Cafés und Bars, italienische Kaffeekultur und Kaffeekunst. Ausgerechnet von Italien liess Schultz sich inspirieren, ist man versucht zu sagen. Denn Original und Kopie haben wenig gemeinsam.
Starbucks ist viel teurer
Der Hauptunterschied ist, ganz banal, der Preis. Ein Espresso kostet in Italien an den meisten Orten 80 oder 90 Cent. Bei Starbucks deutlich mehr. Bei Starbucks fragt ein erster Angestellter nach dem Namen, nimmt die Bestellung auf, kassiert und beschriftet eine Henkeltasse oder einen Pappbecher. Ein zweiter füllt später das Getränk ab. Irgendwann hört man dann seinen Namen und holt sich den Kaffee. Es ist eine Prozedur.
Nicht so in Italien: Dieses Land mag in vielem ineffizient sein. Bei einigen wirklich wichtigen Dingen aber gilt höchste Präzision: Der Barista nimmt mehrere Bestellungen gleichzeitig auf. Sofort verteilt er scheppernd aber zielgenau Unterteller auf dem Tresen.
Die Untertellergrösse gibt das Getränk vor. Nachgefragt wer was bestellt habe, wird selten. Kaum hat der Kolben den letzten Tropfen hergegeben, wird das Getränk serviert. Nebenbei stapelt der Barista gebrauchte Tassen in einem Gitter, das er regelmässig in die Abwaschmaschine schiebt und klimpert mit dem Retourgeld. Die italienische Bar schlägt den US-amerikanischen Giganten aus Seattle ausgerechnet mit einer Waffe, die keiner vermutet hätte, mit Effizienz und Produktivität.
Kommt eine Kette gegen Familienbetriebe an?
Von der Atmosphäre einer italienischen Bar und vom Duft war dabei noch gar nicht die Rede. Doch weil dieses Terrain glitschig, das heisst, weil der Geschmack bekanntlich subjektiv ist, bleibt ein anderer, harter Faktor, der zeigt, warum Starbucks in Italien auf potente Konkurrenz stösst: Die Nonna, die Söhne oder Enkel helfen mit. Denn italienische Bars sind oft Familienbetriebe.
Das hat die Vorteile, dass kein Angestellter Kaffee klaut, keiner blau macht oder unmotiviert rum steht. Mit solchen Problemen wird sich hingegen Starbucks in Italien rumschlagen müssen, während die Bar um die Ecke besten Kaffee zum besten Preis serviert. Warum nur hat Herr Schultz im Schatten des Mailänder Doms anno dazumal nicht genauer hingeschaut?