Das Wichtigste in Kürze:
- Greenpeace macht geheime Unterlagen der TTIP-Verhandlungen publik
- Die Dokumente zeigen massive Differenzen zwischen den USA und Europa
- Kritiker fordern den Abbruch der Verhandlungen
- Die deutsche Bundesregierung und die EU-Kommission halten an TTIP fest
Die Umweltorganisation Greenpeace hat 240 Seiten bisher geheimer TTIP-Dokumente ins Netz gestellt. Die Umweltorganisation wirft den USA vor, mit dem geplanten Handelsabkommen europäische Umwelt- und Verbraucherschutz-Standards aushöhlen zu wollen.
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«Bei den Verhandlungen soll hinter verschlossenen Türen ein mächtiger Rammbock gezimmert werden, der auch den fest verankerten Schutz für Umwelt und Verbraucher wieder aus dem Weg räumen kann. Dieses Geheimabkommen muss gestoppt werden», sagte Greenpeace-Handelsexperte Jürgen Knirsch bei der Präsentation der Verhandlungsdokumente in Berlin.
«Powerplay der USA»
Laut dem SRF-Korrespondenten in Brüssel, Oliver Washington, offenbaren die Unterlagen zwei Erkenntisse. «Erstens: Die USA sind ein harter Verhandlungspartner. Sie versuchen – wenig überraschend – ein Powerplay aufzuziehen, um die eigenen Interessen durchzudrücken. Dabei stellen sie auch Forderungen, welche für Europa nur schwer zu verdauen sind.»
Unter anderem würden die Amerikaner den Europäern anbieten, die Import-Zölle auf Autos wie Mercedes, BMW, Renault und Peugeot zu senken – jedoch nur, wenn die EU Konzessionen bei den Lebensmitteln macht: Unter anderem will die USA Genfood und Hormonfleisch in der EU verkaufen dürfen. Die Frage sei deshalb: «Muss die EU beim Verbraucherschutz nachgeben, um die Interessen der eigenen Autobranche zu sichern?», so Washington.
Auch zeigen sich die Amerikaner als harte Verhandlungspartner bei den so genannten Schiedsgerichten. Diese stehen im Verruf, lediglich die Interessen von Investoren zu schützen. Die EU möchte sie deshalb reformieren. Doch die USA lehnen die europäischen Ideen zurück.
«Zweitens zeigen die Dokumente, dass es die EU-Kommission mit der Wahrheit nicht immer so genau nimmt», sagt Washington. Schliesslich habe die Kommission versprochen, über den Stand der Verhandlungen transparent zu informieren und von Zeit zu Zeit Zusammenfassungen im Internet zu publizieren. «Die Kommission hat dabei offenbar die Verhandlungen beschönigt. Die amerikanischen Druckversuche werden nicht transparent wieder gegeben.»
Keine Originaldokumente
Die Texte, die die Verhandlungspositionen der USA und der EU-Kommission vor der gerade abgeschlossenen 13. Gesprächsrunde zeigten, seien den Umweltschützern zugespielt worden.
Allerdings veröffentlichte Greenpeace nach eigenen Angaben nicht die Originaldokumente, sondern Abschriften. Nach gemeinsamer Prüfung mit dem Recherche-Netzwerk von «Süddeutscher Zeitung», NDR und WDR sei man sicher, dass die Papiere echt seien, erklärte Greenpeace. Die Quelle werde man nicht preisgeben und «maximal schützen».
Merkel: «Verhandlungen zügig abschliessen»
Die deutsche Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) pocht auch nach den «TTIP Leaks» unverändert auf einen raschen Erfolg der Verhandlungen zwischen EU und USA. «Wir halten den zügigen Abschluss eines ehrgeizigen Abkommens für sehr wichtig», sagte ihr Regierungssprecher Steffen Seibert in Berlin. Dies sei «einhellige Meinung» der gesamten Regierung. Die Kanzlerin habe ihre Position bereits beim jüngsten Besuch von US-Präsident Barack Obama bei der Hannover Messe deutlich gemacht.
Die Echtheit der von Greenpeace im Internet veröffentlichten Dokumente zum Verhandlungsstand zwischen Washington und Brüssel könne er nicht bestätigen.
Naville: «Aufregung völlig übertrieben»
Als «Teil der Verhandlungstaktik» sieht Martin Naville die Enthüllung der TTIP-Dokumente. Der Chef der Schweizerisch-Amerikanischen Handelskammer ist der Meinung, «dass da jemand von europäischer Seite Druck auf die Amerikaner ausüben will».
Auch sei die Aufregung über den Inhalt der Unterlagen völlig übertrieben: Dass die USA bisher bei den heikelsten Fragen, etwa dem Genfood, noch auf ihrem Standpunkt beharre, sei nur logisch. «In solchen Verhandlungen schlachtet man die heiligsten Kühe immer erst ganz am Schluss.»