Der Prozess gegen den früheren UBS-Banker Raoul Weil in Fort Lauderdale ging am Donnerstag in die heisse Phase. Im Zeugenstand stand Martin Liechti, ein ehemals enger Vertrauter des Angeklagten.
Liechti war Amerika-Chef und Weil in den Jahren 2002 bis 2008 direkt unterstellt, bis er in Miami verhaftet wurde. Im Austausch gegen eine detaillierte Zeugenaussage gegen seinen ehemaligen Chef kam er auf freien Fuss. Der 53-Jährige wirkte im Vergleich zu damals deutlich gealtert.
Der falsche «Mister Weil»
Mit der Brisanz der Aussagen stieg im Gericht die Nervosität. Mehrmals sprach Staatsanwalt Mark Daly den Zeugen Liechti irrtümlich mit «Mister Weil» an und musste sich entschuldigen. Immer wieder sprang Weils Anwalt Matthew Menchel auf, um «Einspruch» zu rufen. Irgendwann reichte es schon, wenn er sich erhob, um den Staatsanwalt zu stoppen. Und immer wieder gingen die Anwälte ans Richterpult, um das Vorgehen zu besprechen.
Martin Liechti gilt als Hauptzeuge, weil kein anderer vor ihm so eng und lang mit dem Angeklagten zusammengearbeitet hatte. «Wir trafen uns alle zwei Wochen zu einem bilateralen Gespräch, in dem alles auf den Tisch kam, was uns beschäftigte», erinnerte sich Liechti.
Ab 2002, als Weil dessen Vorgesetzter wurde, habe die Devise gegolten, Probleme persönlich zu besprechen statt E-Mails zu schreiben. «Wir machten höchstens handschriftliche Notizen.» Dies mag den Umstand erklären, dass die Anklage bisher keine einzige E-Mail von Raoul Weil vorgelegt hat.
Kaum hatte Raoul Weil die Verantwortung für die globale Vermögensverwaltung übernommen, kündigte der damalige USA-Chef Hansruedi Schumacher und schickte sich an, möglichst viele Kollegen und wohlhabende US-Kunden zu seiner neuen Bank NZB (Neue Zürcher Bank) mitzunehmen.
«Raoul war ausser sich», erzählte Liechti. «Er wollte, dass wir um jeden guten US-Kunden kämpften, um ihn bei der UBS zu halten.» Dazu seien verschiedene Massnahmen getroffen worden, unter anderem Besuche durch hohe Manager wie Weil und Liechti bei wichtigen Kunden in den USA.
«Weil wusste Bescheid»
Liechti bezeugte weiter, dass Weil jederzeit über die nicht regelkonformen Geschäfte mit US-Kunden und die entsprechenden Risiken informiert war. Mehr noch: Weil habe 2002 gebremst, als Liechti das Geschäft mit den «weissen» US-Kunden in einer neuen Abteilung, die den Vorschriften des US-Börsenrechts entsprochen hätte, organisieren und das Geschäft mit den «schwarzen» US-Kunden abbauen und schliessen wollte.
Liechti betonte immer wieder, dass Weil Druck gemacht habe, um den Ertrag der Bank zu steigern. «Dazu hätten wir die Kundenberater noch öfter in die USA reisen lassen müssen, was aber zunehmend gefährlich wurde», sagte Liechti. Er habe Weil dieses Dilemma erklärt. Aber Weil habe dafür kein Gehör gehabt.
Der Prozess gegen Raoul Weil läuft seit dem 14. Oktober in Fort Lauderdale im US-Bundesstaat Florida. Er wird voraussichtlich bis zur zweiten Novemberwoche dauern. Dem 54-jährigen Weil droht eine Höchststrafe von fünf Jahren Gefängnis. Die ehemalige Nummer 3 der UBS plädiert auf nicht schuldig.