Der Volkswagen-Aufsichtsratschef Ferdinand Piëch hat den Machtkampf um die Spitze bei Europas grösstem Autobauer Volkswagen verloren. Der 78-Jährige hat mit sofortiger Wirkung sein Amt als VW-Chefkontrolleur niedergelegt. Das teilte die Volkswagen AG in einer Pflichtmitteilung an die Finanzwirtschaft mit. Auch seine Ehefrau Ursula gibt ihr Mandat im Kontrollgremium ab.
Piëchs Stellvertreter im Aufsichtsrat, Berthold Huber, werde bis zur Wahl eines neuen Vorsitzenden kommissarisch die Leitung des Gremiums übernehmen, teilte der Konzern weiter mit.
Machtkampf ist zu Ende
Damit endet ein rund 14 Tage langer Machtkampf an der VW-Spitze. Vor gut zwei Wochen hatte Piëch dem «Spiegel» gesagt, er sei «auf Distanz» zum Volkswagen-Chef Martin Winterkorn. Damit rückte der Verwaltungsratspräsident von seinem langjährigen beruflichen Ziehsohn ab.
Bis dahin war der 67-jährige Winterkorn als Piëch-Nachfolger an der Spitze des Aufsichtsrates gehandelt worden. Mit der Demontage durch Piëch stand plötzlich ein Fragezeichen hinter Winterkorns Zukunft im Konzern. In der Folge geriet aber Piëch selber zunehmend unter Druck.
Nach Niederlage Konsequenzen gezogen
In der vergangenen Woche war der Kern des Aufsichtsrates, das Präsidium, zu einem Krisentreffen zusammengekommen. Dabei war auch Martin Winterkorn mit von der Partie. Tags darauf veröffentlichte das Präsidium eine Erklärung, die sich wie eine Ehrenrettung Winterkorn las. Demnach sei er der «bestmögliche» Vorstandschef und solle im nächsten Frühling gar eine weitere Vertragsverlängerung erhalten.
Die Erklärung bedeutete offensichtlich eine Niederlage für Piëch, der in dem sechsköpfigen Präsidium laut der Agentur dpa isoliert vor einer Mehrheit von fünf zu eins gegen ihn stand.
Beschluss des sechsköpfigen Präsidiums unterwandert
Am vergangenen Donnerstag verkündeten dann ausgewählte deutsche Agenturen und Medien übereinstimmend, dass Piëch versuche, den Beschluss des Präsidiums zu unterwandern. Demnach arbeitete er hinter den Kulissen weiter an der Ablösung Winterkorns, der nach Piëchs Willen noch vor der Hauptversammlung am 5. Mai abtreten sollte.
Wenige Stunden später dementierte Piëch öffentlich diese Information. Er liess mitteilen, dass man sich letzte Woche ausgesprochen und sich auf eine Zusammenarbeit geeinigt habe. «Ich betreibe», so betonte Piëch, «die Ablösung von Martin Winterkorn nicht.»
Verdienste gewürdigt, aber Vertrauensverlust registriert
Der kommissarische VW-Aufsichtsratsvorsitzende Berthold Huber hat die Verdienste des zurückgetretenen Chefkontrolleurs Ferdinand Piëch gewürdigt: «Ferdinand Piëch hat sich grosse Verdienste um Volkswagen und die gesamte Automobilindustrie erworben.»
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Gleichzeitig strich er den Machtkampf an der Konzernspitze aber auch als untragbares Risiko für das Unternehmen Volkswagen heraus: Die Entwicklung in den letzten zwei Wochen habe zu einem «Vertrauensverlust zwischen Aufsichtsvorsitzenden und den übrigen Präsidiumsmitgliedern geführt, der sich in den letzten Tagen als nicht mehr lösbar erwiesen hat.»
Unternehmen vor Zeitenwende
Der 78-jährige Piëch galt in seiner bisherigen Funktion als Volkswagen-Grossaktionär, langjähriger früherer VW-Vorstandschef und amtierender Aufsichtsratsvorsitzener als das Machtzentrum bei VW. Mit seinem Rücktritt steht das Unternehmen nun vor einer Zeitenwende.