Vergangene Woche kaperten zehn vermummte Crav-Aktivisten das Lager eines Grosshändlers im südfranzösischen Sète. Nachdem sie gewaltsam fünf Weintanks geöffnet hatten, ergossen sich 50'000 Liter spanischer Rotwein in die Gassen der Stadt.
Den «Conseil Régional d'Action Viticole», kurz: Crav gibt es seit den 70er-Jahren. Zum Repertoire der Gruppe gehören Strassenschlachten mit der Polizei, Tätlichkeiten und Sabotage. Dabei wähnen sie das Recht auf ihrer Seite und nehmen es auch gleich in die eigenen Hände.
Sie geben den französischen Weinhändlern und den spanischen Produzenten die Schuld an ihren zunehmend existenziellen Absatzproblemen. Namentlich spanisches Lohndumping und zu strenge Vorschriften im eigenen Land. Nicht alle sehen das so.
Für den bekannten Schweizer Weinhändler und Master of Wine Philipp Schwander ist das Problem der südfranzösischen Winzer hausgemacht. Ihr Argument, tiefe spanische Löhne führten dazu, dass ihre eigenen Weine nicht mehr konkurrenzfähig seien, tauge nicht viel, sagt Schwander.
Viele dieser Weinhersteller sind Profiteure und Faulenzer.
«Ich arbeite in der Region mit Winzern zusammen, die überhaupt keine Probleme haben, ihren Wein zu verkaufen», sagt Schwander im Interview mit SRF News. Diese Weinbauern und Genossenschaften haben sich einem qualitativ hoch stehenden Produkt verschrieben.
Statt der blossen Quantität. «Und das zu einem Preis, den auch die Spanier kaum unterbieten», fügt der Schweizer Wein-Papst hinzu.
Des Pudels Kern ortet Schwander eher im Verhalten vieler Weinbauern selbst. Der Staat mit seinen ausgeprägten Arbeitnehmerrechten und Subventionen habe diese Bauern träge gemacht. «Ihr Wein ist im spanischen Vergleich nicht zu teuer, sondern zu schlecht.»
Dass zudem französische Kunden des Preises wegen spanischen statt französischen Wein trinken würden, könne auch darum nicht stimmen, weil die Produkte geschmacklich völlig verschieden seien. Und auch das Argument von den strengeren Vorschriften für französische Weinproduzenten lässt Schwander nicht gelten.
Diese Vorschriften im Handel und in der Verarbeitung mögen strenger sein in Frankreich als in Spanien, räumt der Weinhändler ein. «Aber das erklärt niemals die Brisanz dieser Absatzprobleme.»