«Sie waren gut vorbereitet», sagt Paul Bulcke nach dem Treffen mit einer Bieler Wirtschaftsklasse. Die Maturanden mit Schwerpunktfach Wirtschaft/Recht besuchten im Rahmen des Webprojekts «Mint» den Konzernchef des Schweizer Lebensmittel-Giganten in Vevey am Genfersee.
Die 18- und 19-Jährigen kamen mit kritischen Fragen im Gepäck: «Was unternimmt Nestlé gegen Kinderarbeit?», «Wie geht Nestlé mit Kritik um?», «Sind Millionengehälter gerechtfertigt?». Nur bei letzter Frage entweicht dem geübten Kommunikator ein spontanes «Ja» – das er sogleich wieder relativiert. Es gebe auf diese Frage keine Antwort. Man müsse eben irgendwie die grössten Talente bekommen.
Vage Antworten
In anderen kontroversen Themengebieten bleiben Paul Bulckes Antworten vage. «Kritik ist da, um uns wach zu halten», heisst es da. Oder: «Wir kontrollieren Farmer in der Elfenbeinküste auf Kinderarbeit.» Wie genau und welche Wirkung diese Massnahmen zeitigen – diese Antworten bleibt Paul Bulcke schuldig. Journalisten hätten hier kritisch nachgehakt; die Schüler geben sich mit allgemeinen Aussagen zufrieden.
Sie empfinden den 60-Jährigen dennoch als authentisch und ehrlich, wie sie anschliessend in selbst produzierten Handyvideos sagen. Sie sind es, die an diesem Tag den Fortgang des Gesprächs in der Hand haben. Und ihr Interesse gilt mehr dem Privatleben und dem Arbeitsalltag des CEOs.
Solche Fragen beantwortet der gebürtige Belgier offener. Er berichtet davon, wie er mit seiner Frau und seinen drei Kindern mehrmals in ein neues Land gezogen ist und wie diese Erfahrungen die Familie auf die Probe gestellt, aber gleichzeitig zusammengeschweisst hätten. Die grosse Bedeutung der Familie taucht in vielen Antworten auf, die er gibt. Dagegen ist er der Meinung: «Man braucht nicht zu viele Freunde.»
«Nicht für den Chef arbeiten»
«Wie werde ich ein erfolgreicher CEO?» Das ist eine Frage, die von einem Journalisten kaum gestellt würde – die Wirtschafts-Maturanden aber interessiert. Bulckes Antwort: Das «Ziel CEO» einzuplanen als Referenz für Glück mache unglücklich. «Es gibt nicht so viele CEOs in einem Unternehmen», fügt er ironisch an. Man solle nie Jobs in Kauf nehmen, die einem nicht lägen, nur weil man glaube, so voranzukommen. «Das funktioniert nicht.»
Sein Rezept: auf die Stärken spielen, authentisch bleiben, auf die direkten Mitarbeiter fokussieren anstatt auf den Chef – «und dann auch ein bisschen Glück.» Der 60-Jährige war selbst fast 30 Jahre bei Nestlé, bevor ihm der Schritt an die Spitze gelang.