Schon wieder! Nach der Postauto-Affäre stehen erneut ÖV-Betriebe im Fokus, weil sie zu hohe Subventionen bezogen. Doch diesmal sei alles etwas anders, betont das Bundesamt für Verkehr (BAV): Es gehe um weniger Geld – und vor allem nicht um mutmasslichen Betrug wie bei Postauto.
Das BAV verteidigt sich – wieder
Passiert seien einfach Fehler: So soll die BLS über Jahre hinweg vergessen haben, Halbtax-Verkäufe zu budgetieren, die SBB buchte Einnahmen aus einem Tarifverbund falsch ab, und im BAV soll ein Mitarbeiter nicht sauber gearbeitet haben – alles über Jahre hinweg. Die Folge: Die öffentliche Hand hat insgesamt über 50 Millionen Franken ungerechtfertigt ausbezahlt.
Und wieder reiben sich Beobachter die Augen: Wie kann es sein, dass trotz Aufsicht, Revision, Controlling über Jahre hinweg Dutzende von Millionen in Kassen fliessen, wo sie nicht hingehören? Einmal mehr muss sich die Aufsicht Fragen gefallen lassen. Das BAV weist gerne darauf hin, dass es den Postauto-Skandal selbst enthüllt habe.
Kompliziert ist vieles
Nur sei ihm das reichlich spät geglückt, monierte später die Geschäftsprüfungskommission. Das BAV verteidigt sich: Für korrekte Rechnungen seien in erster Linie die Transportbetriebe zuständig – und nicht das BAV. Und weil das ÖV-Tarifsystem mit Verbünden, Unterverbünden und Holding-Strukturen mittlerweile ein höchst kompliziertes Gebilde ist, passieren möglicherweise tatsächlich Fehler beim Rechnen.
Nur: Kompliziert ist vieles im Jahr 2020. Wie kann es da unentdeckt bleiben, dass etwa die BLS über Jahre vergisst, Halbtax-Abos abzurechnen? «In einer Ecke der PostAuto AG ist etwas Unrechtes geschehen», sagte Ex-Post-Chefin Susanne Ruoff zu Beginn der Postauto-Affäre – und versuchte den Skandal so kleinzuhalten. Was danach folgte, ist bekannt. Auch deshalb fragen sich viele, ob bei den Fällen, die heute publik wurden, wirklich nur Nachlässigkeit im Spiel war.
Rendez-vous vom 28.2.2020; gfem