Der AHV fehlt Geld. Sehr viel Geld. Derweil hat die Schweizerische Nationalbank (SNB) nicht nur viel Geld, sondern sie schreibt auch hohe Gewinne. Die Idee, mittels SNB-Geldern das AHV-Konto aufzubessern, kommt daher nicht zum ersten Mal auf.
Doch es ist das erste Mal, dass die SNB doppelt unter Druck gerät: von links und von rechts. Am Freitag wurde klar, dass gleichzeitig zwei Volksinitiativen gestartet werden, die ähnliche Ziele teilen, aber unterschiedliche Wege dorthin vorsehen. Die Nationalbank ist im Zangengriff.
Das SNB-Vermögen ist Volksvermögen. Die AHV soll auch davon profitieren können.
Von links greift Gewerkschaftschef Pierre-Yves Maillard an. Die Delegierten des Gewerkschaftsbunds haben am Freitag die Lancierung einer Volksinitiative beschlossen. Maillard sagt: «Das SNB-Vermögen ist Volksvermögen. Die AHV soll auch davon profitieren können.»
Von rechts attackiert der Präsident des Bundes der Steuerzahler, Alfred Heer. Seine Stossrichtung ist ähnlich, trotzdem plant er eine eigene Volksinitiative. Heer sagt: «Die Negativzinsen der SNB waren eine eigentliche Strafsteuer für die Sparerinnen und Sparer.» Deshalb müsse dieses Geld zurück an die Bevölkerung fliessen, und zwar via AHV.
Auf Kosten der SNB – oder des Bundes
Elf Milliarden Franken Gewinn hat die SNB in den letzten Jahren allein mit den Negativzinsen gemacht. Letztere verlangt sie für Geld, das zum Beispiel Geschäftsbanken bei ihr deponieren. Beide Initiativen wollen diesen Gewinn der AHV zufliessen lassen.
Der grosse Unterschied der beiden Projekte: Mit Heers Initiative würde die AHV aktuelle und künftige Negativzins-Gewinne auf Kosten des Bundes erhalten. Das heisst, die Nationalbank würde weniger Gewinn an den Bund ausschütten. Die gewerkschaftliche Initiative hingegen möchte für die AHV zusätzliches Geld vorsehen, wodurch Bund und Kantone ihren Anteil behalten könnten. Zusätzlich soll die AHV künftig generell profitieren, wenn die Nationalbank besonders hohe Gewinne macht. Die SNB-Kasse würde also durch die Initiative aus dem linken Lager deutlich stärker belastet.
Es ist richtig, dass der Bund zur Kasse geboten wird.
Maillard begründet dies so: «Das Problem ist, dass die SNB nur 6 Milliarden Gewinne ausschüttet, wenn sie in nur einem Jahr 26 Milliarden Gewinne macht.» Derzeit betrage die Reserve 100 Milliarden – einen Teil davon für die AHV zu verwenden, sei gerechtfertigt. Heer will lieber den Bund belasten, weil dieser der «grosse Profiteur» von Negativzinsen gewesen sei. Statt fünf Prozent Schuldzinsen habe er plötzlich keine bezahlen müssen. «Deshalb ist es richtig, dass der Bund zur Kasse geboten wird.»
Gegner der AHV-Revision profitieren
Maillard und Heer sagen beide, sie sähen sich nicht als Konkurrenten. Zwei Initiativen würden den Druck stärker erhöhen, endlich eine Lösung für die AHV zu finden, so ihre Argumentation.
Die Unterschriftensammlung für die zwei Initiativen startet noch dieses Jahr. Das spielt den Gegnern der AHV-Revision in die Hände, über die voraussichtlich im Herbst abgestimmt wird. Denn beide Initiativen versprechen eine Finanzspritze – dank der aus Sicht der Gewerkschaften die Erhöhung des Frauenrentenalters auf 65 Jahre verhindert werden könnte.