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Als in der Arztpraxis geraucht wurde
Aus Treffpunkt vom 30.04.2020. Bild: Colourbox
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10 Jahre Rauchverbot Zigarette: Vom Lifestyleprodukt zum Krankheitsbringer

Rauchen im Restaurant? Kann man sich heute kaum mehr vorstellen. Dabei ist das Verbot erst 10 Jahre her. In der Geschichte des Rauchens kam dieser Meilenstein ziemlich spät.

Der erste Krimkrieg

Mitte 19. Jahrhundert: Britische und französische Soldaten kämpften an der Seite der Osmanen gegen Russland. Und rauchten in Zeitungspapier eingewickelten Tabak. Die Zigarette, die kleine Zigarre, war billiger als ihre grössere Schwester und kriegstauglicher als eine Pfeife.

Anfang 20. Jahrhundert: Kaiser und Könige rauchten. Wer beruflich etwas erreichen wollte, rauchte. Die Zigarette wurde zum Statussymbol. Denn die Zigarette passte zum Zeitgeist: Schnelllebigkeit, Weltoffenheit, auch etwas Verruchtheit.

Erster und Zweiter Weltkrieg

Die Zigarette unterdrückte den Hunger der Bevölkerung. Die Nationalsozialisten führten zwar Kampagnen gegen das Rauchen – und doch wurde mit dem Zweiten Weltkrieg die Zigarette zum Massenprodukt. Ihre Gesundheit war den Soldaten im Schützengraben wohl zweitrangig.

Mitte 20. Jahrhundert: Die Zahlen zum Tabakkonsum in der Schweiz dürften – besonders bei Gutgebildeten – hoch gewesen sein, bei Männern über 50 Prozent. Der Unterschied zu heute: Weniger gut Gebildete rauchten weniger.

Mehr als heute gehörte das Rauchen damals zum Lifestyle. Jede Zigarettenmarke bediente ein Weltbild: die Freiheit des Cowboys, die exotische 1001 Nacht, die schicke Künstlerszene, die emanzipierte Frau.

Gesundheit versus Tabakindustrie

Noch in den 1950er Jahren wehrte sich die Tabakindustrie vehement gegen die Schädlichkeit des Rauchens. Auch in der Schweiz. Sogar Ärzte sprachen sich für einzelne Zigarettenmarken aus: für einen frischen Rachen, gegen Asthma, um Gewicht zu verlieren.

Der Zusammenhang zwischen Tabakkonsum und Lungenkrankheiten, der beispielsweise im US-amerikanischen Terry-Report 1964 belegt wurde, wurde in der Schweiz erst ein paar Jahre verzögert zum Thema.

1975 lag der Raucheranteil in der Schweiz bei 40,5 Prozent. Die Hersteller führten Light-Zigaretten ein. Noch in den 1990er Jahren schworen US-Hersteller vor Gericht, dass Nikotin nicht abhängig mache.

Ende der 1990er Jahre kippte die Stimmung, das Misstrauen gegenüber der Tabakindustrie wuchs. 1997 betrug der Raucheranteil in der Schweiz 33,5 Prozent, eine Packung Zigaretten kostete 4 Franken 10.

2005 – ein wichtiges Jahr für die Tabakprävention

Die SBB nahmen die Raucherwagons aus dem Verkehr, im Parlament wurde der Schutz vor dem Passivrauchen diskutiert und der Kanton Tessin führte ein Rauchverbot in Restaurants ein. Die Tessiner Gastronomie unterstützte das Rauchverbot, damit die Gäste nicht nach Italien abwandern.

Am 1. Mai 2010 war in den Schweizer Restaurants ausgeraucht, das Bundesgesetz zum Schutz vor Passivrauchen trat in Kraft. Die Schweizer Gastronomieszene fürchtete eine Abnahme der Einkünfte. Die Zigarettenpackung kostete 7 Franken 20, der Raucheranteil lag bei 27 Prozent.

Die Schweiz, der Aschenbecher Europas

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Die «Tabacco Control Scale» bewertete 2019 die Präventionsbemühungen von 36 europäischen Ländern und setzte die Schweiz auf den zweitletzten Platz. Schlusslicht war Deutschland. Über die Schweiz schrieben die Autoren: Die Schweiz scheine eher an der Gesundheit der Tabakindustrie als an der Gesundheit der Bevölkerung interessiert zu sein.

10 Jahre danach

Seit dem Rauchverbot im Jahr 2010 sind deutlich weniger Personen dem Passivrauch ausgesetzt. Die Zahl der Rauchenden ist nicht markant gesunken, doch das Rauchverhalten hat sich verändert: es gibt weniger starke Raucher. Personen mit einem niedrigen Bildungsniveau rauchen heute häufiger und mehr als andere.

Treffpunkt Radio SRF 1, Donnerstag 30. April 2020

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