Enge Gassen und unscheinbare Türen: So sieht es aus in einem der grössten Bordelle der Welt. Es liegt in Daulatdia, etwa 70 Kilometer westlich der Hauptstadt Dhaka in Bangladesch.
Was auf den ersten Blick wie ein Armenviertel aussieht, ist die Heimat und zugleich der Arbeitsplatz von rund 1300 bis 1500 Sexarbeiterinnen.
In winzigen Räumen, ausgestattet mit einem grossen Bett und einem Schrank, leben die Frauen unter Bedingungen, die geprägt sind von Ausbeutung, Armut und fehlendem Schutz des Staates.
Rund 3000 Männer pro Tag besuchen das Bordell. Das offizielle Durchschnittsalter der Frauen liegt laut staatlichen Angaben bei 25 Jahren.
Doch viele Frauen sind unter 18 Jahren alt: Berichte und Beobachtungen mehrerer Hilfswerke zeigen, dass auch Mädchen im Alter von 10 bis 15 Jahren hier arbeiten müssen. Denn junge Frauen sind bei den Freiern begehrter und kosten darum mehr.
Sex ohne Kondom
Für viele Kunden gehört ungeschützter Sex zum Geschäft, was die Frauen einem erhöhten Risiko aussetzt. Laut einer Untersuchung der Hilfsorganisation Terre des Hommes sind Geschlechtskrankheiten ein gravierendes Problem, medizinische Unterstützung hingegen kaum vorhanden.
Frauen berichten von negativen gesundheitlichen Folgen, sobald sie im Bordell zu arbeiten begonnen hätten.
Ein Leben im Bordell – von Generation zu Generation
Ein Grund, warum Frauen in Daulatdia landen, ist die grassierende Armut. Oft sind es Familien, die ihre Töchter nicht mehr versorgen können. Sie verkaufen sie für umgerechnet 300 bis 500 Franken an Händler, die sie wiederum an sogenannte «Madams» – Zuhälterinnen – weiterverkaufen.
Ab diesem Moment sind die Mädchen jahrelang an das Bordell gebunden. Die Sexarbeiterinnen dürfen das Bordell meist nicht verlassen und müssen die Einnahmen sofort ihren Zuhälterinnen weitergeben.
Sobald ein Mädchen an ein Bordell verkauft wird, wird es nach 10 bis 12 Tagen zum Sex gezwungen. Hat ein Mädchen dann seine Menstruation noch nicht bekommen, erhält es Medikamente, die die Menstruation früher einleiten.
Die Kinder der Prostituierten
Viele der Frauen haben Kinder. Eine Schwangerschaft ist oft gewollt. Die Frauen haben die Hoffnung, dass ein Freier als Vater Verantwortung für das Kind übernimmt.
Rund 500 Kinder leben in den kleinen Räumen ihrer Mütter. Sie teilen denselben begrenzten Raum von nur 2.5 mal 2.5 Metern.
Für die Kinder bedeutet das Aufwachsen im Bordell oft eine vorgezeichnete Zukunft in der Prostitution. «Kindsein bedeutet hier etwas ganz anderes», sagt Jinya Afroze, Leiterin eines Hilfsprogramms von «Terre des Hommes». Das Programm soll rund 150 Kindern mit Workshops eine Perspektive ausserhalb des Bordells geben. «Es soll den Teufelskreis durchbrechen.»
Ich will, dass meine Tochter ein besseres Leben hat.
Roji, eine der Frauen im Bordell, lebt seit 1988 in Daulatdia. Ihre Stiefgrossmutter brachte bereits Rojis Mutter hierher. Roji hat einen Traum: Ihre 18-jährige Tochter soll diesen Teufelskreis durchbrechen. «Ich will, dass sie ein besseres Leben hat», sagt sie. Ihre Tochter ist nicht Teil des Systems, sie geht zur Schule. Ein Hoffnungsschimmer.